Das Klingeln im Ohr |
Tritt ein Tinnitus akut auf und ist mit einer Hörminderung oder einem Hörverlust verbunden, erfolgt die Behandlung meist mit Corticosteroiden – ähnlich wie bei einem Hörsturz. Bislang gibt es nur wenige evidenzbasierte Therapien zur Behandlung von subjektivem chronischem Tinnitus. Eine davon ist die kognitive Verhaltenstherapie. Sie gilt als effektive und nebenwirkungsarme Behandlung und wird auch in der aktuellen S3-Leitlinie »Chronischer Tinnitus« der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie mit hoher Evidenzstärke empfohlen. Sie kann sowohl in Einzel- als auch in Gruppensitzungen sowie online durchgeführt werden. Häufig beginnt die Behandlung mit einem sogenannten Tinnitus-Counseling, das Betroffene umfassend über Entstehung und Mechanismen des Tinnitus aufklärt und Strategien für einen besseren Umgang vermittelt. Ziel ist die Habituation, also eine Gewöhnung, sodass der Tinnitus weniger stört.
Bei Tinnitus-Patienten mit Hörverlust empfehlen die Leitlinienautoren Hörgeräte, bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Ertaubung auch Cochlea-Implantate, die das Hören verbessern und oft auch Tinnitus-Symptome lindern. Spezielle Hörtherapien mit Übungen zur Hörwahrnehmung können unterstützend wirken, obwohl die Evidenzlage hierzu begrenzt ist.
Sogenannte Noiser und Masker, die durch leises, gleichmäßiges Rauschen Gegentöne zum Tinnitus erzeugen oder ihn überdecken sollen, werden nicht empfohlen, da ihre Wirksamkeit nicht ausreichend belegt ist. Ähnlich verhält es sich mit der Tinnitus Retraining Therapie (TRT): Die Kombination aus akustischer Stimulation und psychologischem Counseling erzielte in Studien geringe oder gar keine Effekte. Lediglich langfristige Anwendungen über mindestens zwölf Monate zeigten geringe Wirkung und können in Erwägung gezogen werden.
Auch Musik- und Sound-Therapien, elektrische Stimulation (wie transkranielle Elektrostimulation, Vagusnerv-Stimulation, TENS) sowie die Low-Level-Lasertherapie konnten in Studien keine überzeugenden Ergebnisse liefern. Auch zur Wirksamkeit von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln bei chronischem Tinnitus gibt es keine ausreichenden Daten – sie sollen den Leitlinienautoren zufolge nicht empfohlen werden. Einzig bei begleitenden Depressionen oder Angststörungen kann die Gabe von Arzneimitteln sinnvoll sein.
Nach wie vor ist weitere Forschung nötig, um wirksame Therapien zu entwickeln. Prävention bleibt wichtig: Gehörschutz bei Lärmexposition schützt vor Tinnitus und Hörverlust. Bestimmte Apps können zudem Schallpegel messen. Auch Akupunktur, Sport, autogenes Training und gute Schlafhygiene können helfen, Stress zu reduzieren und das Wohlbefinden zu fördern, auch wenn die Wirkung bei Tinnitus nicht eindeutig belegt ist.