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Trockene, empfindliche Haut
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Das stärkt die Hautbarriere

Rote Wangen, die Tendenz zum Juckreiz und das ständige Gefühl von Trockenheit – gar nicht mal so wenigen Menschen macht ihre hypersensible Haut zu schaffen. Bereits kleinste Reize sorgen dann für Irritationen. Mit der richtigen Pflege gelingt es, die Haut widerstandsfähiger zu machen.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 15.09.2025  12:00 Uhr

Bei empfindlicher Haut handelt es sich nicht um einen eigenen Hauttyp. Prinzipiell kann jeder Hautzustand Anzeichen von Empfindlichkeit zeigen. Zugrunde liegt eine Störung der Hautbarriere. Der oberen Hornschicht obenauf – hier sitzen Hornzellen dicht an dicht – liegt der sogenannte Hydrolipidfilm, der äußere Reize bis zu einem gewissen Maß abfängt beziehungsweise toleriert. Ist die Haut trocken, ist diese Barriere nicht mehr intakt. Die Haut wirkt müde und fahl, sie spannt und juckt leicht und weist an manchen Stellen raue oder gerötete Stellen auf. Und genau dann wird sie anfälliger für äußere Einflüsse.

Besonders ausgeprägt fällt die Barrierestörung bei der atopischen Dermatitis aus. Veränderungen im Hautmikrobiom und fehlgeleitete Immunreaktionen sind die Folge. Durch die defekte Hautbarriere ist der transepidermale Wasserverlust erhöht, die Haut wird trocken, spröde, schuppig. Die Talgdrüsen produzieren nur wenig Talg, sodass sich kein flächendeckender Fettfilm über die Haut ziehen kann. Außerdem fehlt ihr ein effektives Wasserspeichersystem: Von Geburt an mangelt es Neurodermitikern an natürlichen Feuchthaltefaktoren. Und auch der Zellkitt, der den Raum zwischen den Hornzellen abdichtet, hat eine veränderte Zusammensetzung.

Das macht deutlich, welches Ziel man mit Pflegepräparaten erreichen möchte: Dermokosmetika sollten eine geeignete Grundlage und Wirkstoffe enthalten, die die Hautbarriere wieder aufbauen. Professor Dr. Petra Staubach, Vorsitzende der Gesellschaft für Dermopharmazie, rät: »Basistherapeutika für Neurodermitiker und solche mit trockener, empfindlicher Haut sollten immer fettend, hydratisierend und filmbildend sein. Und zwar nie einzeln, sondern alles in einem Präparat.«

Ceramide verbinden

Als Lipidkomponente empfiehlt sie Phospholipide, Ceramide oder Ceramid-Derivate, etwa aus Hafer-, Jojoba-, Weizenkeim-, Traubenkern- oder Nachtkerzensamenöl. Als körpereigene Substanzen integrieren sich Ceramide gut zwischen die Hornzellen. Damit stärken sie den Wiederaufbau der epidermalen Hautbarriere und fungieren überdies als interzelluläre Kittsubstanzen. Staubach, leitende Dermatologin der Hautklinik der Universität Mainz, schätzt besonders deren filmbildende Eigenschaften. »Nur ein gut spreitender hydrophober Film auf der Hautoberfläche kann den transepidermalen Wasserverlust begrenzen.«

Was macht die Ceramide so besonders? Mit einem Anteil bis annähernd 60 Prozent stellen sie den Hauptanteil der interzellulären Lipide in der Hornschicht dar. Zusammen mit anderen Lipiden wie Cholesterol und Fettsäuren bilden sie eine lamellare Schicht. Weil zwischen den lamellaren Strukturen der interzellulären Lipide Wasser gebunden wird, steuern Ceramide wesentlich den Feuchtigkeitsgehalt der Haut. Sie halten die Haut weich und geschmeidig. Mit dem Alter lässt allerdings die körpereigene Produktion nach – was der Haut ihren jugendlichen Glow nimmt.

Mangelt es dem Körper an Ceramiden, trocknet also die Haut schneller aus, die Barrierefunktion wird geschwächt. Feuchtigkeit kann dann leichter aus der Haut verdunsten und Umweltstoffe können durch die löchrige Barriere eindringen und Reizungen sowie allergische Reaktionen verursachen. Auch Fältchen und Falten werden sichtbarer, wenn die Haut trockener wird.

Natürliche oder annähernd hautidentische Ceramide (wie von Curél®, Aveeno®, Exomega Control von A-Derma) können als Creme, Spray oder Fluid direkt der Haut zugeführt werden. Phytosphingosin und Sphingolipide sind Ceramidvorstufen, die in Kosmetika eingearbeitet werden und der Epidermis helfen, selbst wieder mehr Ceramid zu produzieren.

INCI-Liste beachten

Keine Integration der Fette in die Hautbarriere ist dagegen möglich, wenn die Zubereitungen Mineralöl-Komponenten enthalten – allen voran Paraffinöl (INCI: Paraffinum liquidum), Hartparaffin (INCI: Paraffin) und Vaseline (INCI: Petrolatum). Sie sind als gesättigte Kohlenwasserstoffe die bekanntesten Vertreter in der Kosmetik, die durch Raffinierung, Extraktion und Hydrierung von Erdöl gewonnen werden. Auch wenn die Begriffe Cera microcristallina, Microcristallina wax, Ceresin, Mineral oil oder Ozokerit in der Inhaltsstoffliste auftauchen, enthält das Kosmetikum Mineralöle.

Ihre Verwendung ist umstritten, da man ihnen nachsagt, durch ihre wachsartige Konsistenz die Haut mit einem Film abzudecken und den transepidermalen Wasserverlust zu behindern. Von einer Integration in den Hydrolipidmantel wie bei den Pflanzenölen kann also keine Rede sein.

Doch auch bei den Pflanzenölen liegt die Tücke im Detail, nicht jedes ist automatisch ideal für unsere Haut. Professorin Dr. Michaela Axt-Gadermann, Dermatologin und Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule Coburg, hat mit ihrem Arbeitskreis nachweisen können, dass manche Pflanzenöle die Hautbarriere nachhaltig schädigen. »Jojoba- und Kokosöl stärken sie, weil sie in der Lage sind, sich in die Barriere zu integrieren. Vom allseits beliebten Olivenöl weiß man dagegen aus Studien mit Babys und Kleinkindern, dass es den Aufbau der Hautbarriere gar stören kann«, sagte sie im Gespräch mit PTA-Forum.

Bakterien helfen bei Pflege

Eine andere Möglichkeit, die Barrierefunktion der Haut zu stärken, ist der Einsatz von Mikrobiom-Kosmetika. Denn ein intaktes Hautmikrobiom ist nicht unwesentlich daran beteiligt, die Ceramidbildung anzuregen und lange auf hohem Level zu halten. So ließ sich in Studien die Hautbarriere durch die Zugabe etwa von Lactobacillus casein, L. gasseri, Bifidobacterium animalis subsp. lactis oder B. longum (Omnibiotic® Skin) wieder regenerieren.

Laut der S3-Leitlinie zu Neurodermitis sind Probiotika, Bakterienlysate und -fermente, aber auch Flavonoide wie Licochalcon A oder Haferextrakt als »Emollienzien plus« zu verstehen. Diese Basistherapeutika werden von den Leitlinienautoren zwar als »wirkstofffreie Vehikel« bezeichnet, die dennoch ihre Wirksamkeit bei atopischer Dermatitis unter Beweis gestellt haben. Entsprechende Formulierungen sind meist als Dermokosmetika oder Medizinprodukte auf dem Markt und nicht als Arzneimittel (wie Aveeno®, Dermasence® Vitop forte, Exomega® Control von A-Derma, Lipikar® Syndet AP+ Reinigungs-Cremegel, Xeracalm® A.D Rückfettender Balsam).

Apropos Bakterien: Konservierungsmittel wirken nicht nur gegen die unerwünschten Mikroorganismen im Pflegeprodukt, sondern sie richten sich auch gegen das Hautmikrobiom und schädigen somit die schützende Hautbarriere, berichtete Hautexpertin Axt-Gadermann von eigenen Studienergebnissen. Sie rät deshalb, entweder »Microbiome-friendly«-zertifizierte Zubereitungen oder Formulierungen auf Ölbasis zu benutzen. Letztere benötigen keine Konservierungsmittel.

Feuchtigkeit polstert auf

Zusätzlich ist es sinnvoll, Dermokosmetika zu verwenden, die eine gute Portion an Feuchthaltefaktoren enthalten, allen voran Harnstoff, Milchsäure, Glycerol, Pyrrolidoncarbonsäure oder Hyaluronsäure, um die Restfeuchte an epidermalem Wasser in der Haut zurückzuhalten und zu erhöhen. In der Säuglings- und Kleinkindpflege sei man mit Glycerol-haltigen Topika auf der sicheren Seite, empfiehlt Neurodermitis-Spezialistin Staubach. Urea-Nebenwirkungen wie Hautirritationen, Rötungen und Berennen träten bei den Kleinen besonders häufig auf.

Bezüglich der Grundlage der Basistherapeutika bei atopischer Dermatitis ist Folgendes zu beachten: Während akut entzündete Haut mit nässenden Ekzemen nach wasserhaltiger Pflege verlangt (»feucht auf feucht«), braucht trockene, nicht entzündete Haut lipophile Grundlagen (»fett auf trocken«). Je akuter das Ekzem, also je röter die Haut, desto höher sollte der Wassergehalt der Grundlage sein, je trockener die Haut, desto lipophiler sollte die Formulierung ausfallen. Die Grundlage der Basistherapie richtet sich aber auch nach der Jahreszeit und den individuellen Vorlieben der Patienten.

Oberster Grundsatz eines geeigneten Präparates ist deshalb laut Staubach: »Die Formulierung muss dem Patienten von der Haptik her angenehm sein. Nur dann wird er es auch dauerhaft und in ausreichender Menge anwenden.« Ihr Tipp: Bei einem Vorabtest in der Offizin solle der Betroffene nicht nur mit der Fingerbeere testen, sondern die Zubereitung großflächiger auf dem Handrücken verteilen.

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