Der aufgeklärte Patient |
Studien zeigen, dass sich die Mehrheit der Menschen eine partnerschaftliche Entscheidungsfindung bei medizinischen Fragestellungen wünscht. Das gilt sowohl für Patienten als auch Mediziner. Dennoch wird das Modell in der täglichen Praxis oft nur unzureichend umgesetzt. Insbesondere bei medizinischen Maßnahmen, deren Bedeutsamkeit für den Patienten gering ist oder wenn nur eine mögliche Therapie existiert, folgen Ärzte in der Regel dem paternalistischen Modell. Dasselbe gilt bei Notfällen sowie emotionaler oder kognitiver Überforderung.
Aber auch bei geplanten Eingriffen oder langfristigen Therapieentscheidungen haben Patienten mitunter den Eindruck, dass ihnen Vor- und Nachteile verschiedener Behandlungen nicht ausreichend erklärt wurden oder ihre Wünsche nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Ursächlich dafür sind neben dem in der Medizin vorherrschenden Zeitdruck oft mangelnde Kommunikationsfertigkeiten auf beiden Seiten. Insbesondere ältere Menschen sehen den Arzt nach wie vor als Autoritätsperson und empfinden den Wissensunterschied als Hemmfaktor. Ältere Mediziner sind in ihren Kommunikationsstrategien mitunter so verwurzelt, dass ihnen der Wechsel zu mehr Patientenbeteiligung schwerfällt.
Das Konzept der partizipativen Entscheidungsfindung stammt ursprünglich aus dem angloamerikanischen Raum und setzt sich erst seit etwa 20 Jahren in Deutschland immer weiter durch. Als wichtiger Startschuss gilt die Gründung des Förderschwerpunkts »Patient als Partner im medizinischen Entscheidungsprozess« durch das Bundesministerium für Gesundheit im Jahr 2001. Damals war die partizipative Entscheidungsfindung im deutschen Gesundheitssystem vollständig unbekannt, es gab lediglich einige internationale Studien. Ziel war es, mit Modellprojekten zu prüfen, inwieweit sich die positiven Effekte aus anderen Ländern auf Deutschland übertragen lassen. Inzwischen besteht im deutschen Gesundheitswesen ein Konsens, dass Patienten bei medizinischen Entscheidungen einbezogen werden sollten.