Die tödlichsten Gifte |
Barbara Döring |
14.08.2024 12:00 Uhr |
Eine Kennzeichnung mit dem Totenkopf zeigt an: Diese Substanz kann schon in kleinsten Mengen lebensgefährlich sein. / Foto: Getty Images/Trifonov_Evgeniy
Bei manchen wirken bereits wenige Milligramm auf die Haut aufgebracht tödlich, andere werden erst in größeren Mengen mit der Nahrung aufgenommen zum Risiko – Gifte, die die Natur hervorgebracht hat oder die von Menschenhand entstanden sind, gibt es in großer Vielfalt. Dabei gilt bis heute der Grundsatz, den der Arzt und Philosoph Paracelsus bereits im 16. Jahrhundert prägte: »Allein die Menge macht das Gift.« Für die Substanzen der folgenden Übersicht wäre eine Kennzeichnung mit dem Totenkopf in jedem Fall berechtigt.
Es ist die am häufigsten verwendete Substanz in der Geschichte der Giftmorde. Päpste, Fürsten und ungeliebte Verwandte fielen dem Halbmetall zum Opfer. Agatha Christie ließ sich zu ihren Mordgeschichten inspirieren, als sie während des Ersten Weltkriegs in einer Apotheke aushalf und dort eine beträchtliche Menge Arsen aus dem Giftschrank verschwand.
Heute droht eine zu hohe Aufnahme eher über die Ernährung. Das giftige Element kommt natürlicherweise überall im Boden vor und gelangt so in die Nahrungskette. Problematisch ist anorganisches Arsen, das besonders in Reis und Reisprodukten in größerer Menge enthalten sein kann. Ein Risiko besteht vor allem für Säuglinge und Kleinkinder, wenn sie häufig Produkte wie Reiswaffeln oder Reisbrei essen, die oft besonders belastet sind. In der Europäischen Union gelten für bestimmte Produkte und Trinkwasser Höchstwerte, wobei für Säuglingsnahrung die Anforderungen besonders hoch sind.
Eine sichere tägliche Aufnahmemenge konnte bislang nicht bestimmt werden. Ganz vermeiden lässt sich die Aufnahme nicht. Wegen der enthaltenen Nähr- und Ballaststoffe empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Reis dennoch als Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Eltern ist jedoch zu raten, Säuglingen und Kleinkindern Reisprodukte nur in Maßen zu geben und diese mit Lebensmitteln aus anderen Getreidearten abzuwechseln. Verbraucher sollten Reis mit reichlich Wasser waschen und nach dem Kochen überschüssiges Wasser wegschütten.
Als tödliche Arsendosis gelten 60 bis 170 Milligramm der anorganischen Form. Das Gift verursacht Schäden an der DNA und stört den zellulären Energiestoffwechsel. Bei akuter Vergiftung kommt es zu blutigen Brechdurchfällen und Kreislaufproblemen. Unbehandelt tritt der Tod innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen durch Atemlähmung und Nierenversagen ein. Auch die Aufnahme kleinerer Mengen Arsen ist auf Dauer gefährlich. Eine chronische Vergiftung verursacht Nekrosen durch Schädigung der Blutgefäße sowie Tumoren, vor allem Hautkrebs. Zudem kann Arsen Nerven und Gefäße schädigen.
Als Antidot stehen bei akuten Vergiftungen schwefelhaltige Komplexbildner zur Verfügung. Auch die Einnahme von medizinischer Kohle ist bis mehrere Stunden nach der Vergiftung möglich. In der richtigen Form und Struktur kann Arsen auch heilende Wirkung entfalten. So kommt Arsentrioxid heute bei der Promyelozytenleukämie, einer Unterform der akuten Leukämie, zum Einsatz.