Diskriminierung der Alten |
Dass es sich bei all diesen Beispielen um Altersdiskriminierung handelt, ist nur wenigen Menschen bewusst. Einschränkungen aufgrund des Alters gelten häufig als selbstverständlich, normal oder nachvollziehbar und werden nur selten angezweifelt. Die Definition der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist in diesem Zusammenhang allerdings eindeutig: Diskriminierung liegt immer dann vor, »wenn Menschen in einer vergleichbaren Situation schlechter behandelt werden, diese Schlechterbehandlung an ein schützenswertes Merkmal anknüpft und kein sachlicher Rechtfertigungsgrund dafür vorliegt«. Geschieht dies aufgrund des Lebensalters, handelt es sich um Altersdiskriminierung.
Nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle zählt Altersdiskriminierung zu den häufigsten Diskriminierungsformen. Rund jede zehnte Beratungsanfrage bezog sich im Jahr 2020 auf das Alter. In den meisten Fällen auf ein höheres Lebensalter. Und das hat Folgen. So zeigt die Stude »ICH? Zu alt? Diskriminierung älterer Menschen« des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS), die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durchgeführt wurde, dass Altersdiskriminierung die Möglichkeiten der Teilhabe und des selbst bestimmten Handelns im Alter erheblich einschränkt. Das betrifft soziale Kontakte, Mobilität, Freizügigkeit und Gestaltungsspielräume. Aus subjektiver Perspektive trägt Altersdiskriminierung zum Erleben von (drohender) Isolierung, Verunsicherung, Ungerechtigkeit und Verletzung sowie zur Wahrnehmung, im Alter abgeschoben und nicht mehr wertgeschätzt zu werden, bei.
Welche Auswirkungen negativer Altersbilder und Altersdiskriminierung auf den gesamten Alterungsprozess haben, zeigt die Psychogerontologie eindrücklich. So konnten Studien nachweisen, dass eine positive Einstellung zum eigenen Älterwerden, die Lebenszeit verlängert. Durchschnittlich sieben Jahre waren es in einer Langzeitstudie in den USA. Die deutschen Forscherinnen Susanne Wurm und Sarah Schäfer von der Universität Greifswald kamen zu einem noch erstaunlicheren Ergebnis. Menschen, die das Altern als Entwicklungsprozess betrachteten, nicht aufhörten Ideen und Pläne umzusetzen, Neues zu lernen und Ziele zu verfolgen, lebten im Durchschnitt 13 Jahre länger. Ausgewertet wurden die Daten von 2400 Studienteilnehmern zwischen 40 und 85 Jahren, die 1996 im Rahmen des Deutschen Alterssurveys zu ihrer Sicht auf das eigene Älterwerden befragt worden waren. Auch in der Lebensweisheit »Man ist so alt, wie man sich fühlt« steckt mehr Wahres, als man vermuten würde. Studien konnten zeigen, dass ein gefühltes jüngeres Alter ein höheres Wohlbefinden, eine bessere Gedächtnisleistung und eine gesteigerte körperliche Gesundheit begünstigt.
Die Gründe dafür haben Wissenschaftler vom Deutschen Zentrum für Altersfragen untersucht. Sie befragten im Abstand von drei Jahren mehr als 5000 Menschen über 40 Jahre aus ganz Deutschland dazu, wie alt sie sich fühlen, wie sie ihren aktuellen Gesundheitszustand beschreiben und wie viel Stress sie empfinden. Hierbei zeigte sich, dass Studienteilnehmer, die sich angespannt und belastet fühlten, drei Jahre später mehr gesundheitliche Einschränkungen aufwiesen. Reduziert wurde dieser Zusammenhang, wenn die Teilnehmer sich subjektiv jünger fühlten, als sie es objektiv waren. Die schützende Wirkung des gefühlten Alters stieg mit zunehmendem Alter der befragten Menschen an. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein subjektiv jüngeres Alter dazu beiträgt, die negativen Auswirkungen von Stress auf die geistige und körperliche Gesundheit zu reduzieren. Denn bekannt ist, dass Menschen, die sich jünger fühlen, glücklicher sind, mehr Sport treiben und sich gesünder ernähren.