Feurige Würze |
Barbara Döring |
03.03.2025 08:30 Uhr |
Etwas Scharfes zu essen, aktiviert Hitzerezeptoren und löst so eine Schmerzempfindung aus. / © Adobe Stock/kab-vision
»Pepper X« ist die laut Guinness-Buch der Rekorde zurzeit schärfste Chilischote der Welt. Auf der Scoville-Skala, mit der die Schärfe von Chilis angegeben wird, erreicht sie einen Wert von unglaublichen 2,693 Millionen. Zum Vergleich: Der Wert für Tabascosauce liegt bei 2500 bis 5000. Wenn das X im Namen der Schote für das Unbekannte steht, sollte man das durchaus ernst nehmen. Kaum einer möchte wohl ernsthaft erfahren, wie sich der Biss in die feurige Schote anfühlt. Selbst der Züchter – Chef einer US-amerikanischen Firma, die sich auf scharfe Lebensmittel spezialisiert hat – warnt unerfahrene Esser eindringlich vor dem Verzehr. Laut Medienberichten haben es erst fünf Personen weltweit gewagt, zuzubeißen. Nach dem Verzehr berichteten die Wagemutigen über furchtbare Krämpfe und Schmerzen.
Kein Wunder, denn Schärfe ist keine Geschmacksrichtung, sondern ein Schmerzempfinden. Scharfstoffe wie das in Chilischoten enthaltene Capsaicin oder Gingerol aus Ingwer binden an den Hitzerezeptor TRPV 1, der auch für die Schmerzwahrnehmung beim Essen heißer Speisen verantwortlich ist. Interagiert der Scharfstoff mit TRPV 1, wird jedoch nicht direkt ein Schmerzsignal ausgesendet. Vielmehr sinkt die Schwellentemperatur von 43 °C, bei der normalerweise der Hitzerezeptor aktiviert wird, unter 23 °C. So wird auch ohne erhöhte Temperatur im Mund ein Schmerzreiz ans Gehirn gesendet, was auch erklärt, warum der Mensch Schärfe wie Hitze wahrnimmt.
Ob ein Chili- oder Currygericht noch als mild gilt oder schon als höllisch einzustufen ist, liegt oft in der persönlichen Vorliebe des Betrachters. Objektiver gibt die Scoville-Skala über den Schärfegrad Auskunft. Dabei wurde ursprünglich die Schärfe bestimmt, indem eine in wässrige Lösung gebrachte Chili unter immer stärkerer Verdünnung von einer größeren Probandengruppe verköstigt wurde, bis die Tester keine Schärfe mehr wahrnahmen. Wurden zum Beispiel für 1 ml aufbereitete Chili 250.000 ml Wasser benötigt, bis die Schärfe beseitigt war, erhielt die Chilischote einen Wert von 250.000 SHU (Scoville Heat Units). Inzwischen hat sich die Schärfemessung geändert. Mithilfe der HPLC-Technik (high performance liquid chromatography) lässt sich die Menge der Scharfstoffe direkt messen und mit einem Umrechnungsfaktor auf einen Scoville-Wert hochrechnen.
Als Referenzwert gilt dabei der Scoville-Wert von reinem Capsaicin (15 bis 16 Millionen). Gemüsepaprika liegt bei 0 bis 10, eine Peperoni bei 100 bis 500, Sambal Oelek bei 1000 bis 10.000, Tabasco-Chilis bei 2500 bis 5000, Jalapeno-Chilis bei 2500 bis 8000 und Habanero-Chilis bei 100.000 bis 350.000. Die Peperoni ist demnach auch für europäische Geschmäcker eher mild, als höllisch scharf dürfte dagegen ein im scharfen Essen ungeübter Europäer die Habanero empfinden, eine der schärfsten Chilis überhaupt. In Mexiko, Brasilien und Peru ist sie allerdings fester Bestandteil der Küche. Das in Europa gern verwendete Chilipulver – eine Mischung aus verschiedenen Gewürzen – ist dagegen mit 500 bis 1000 Scoville vergleichsweise mild. Cayennepfeffer aus getrockneter und gemahlener Cayenne-Chili bringt es immerhin auf Werte von 30.000 bis 50.000.