Fieber richtig einschätzen |
Juliane Brüggen |
24.01.2025 15:00 Uhr |
»Wenn die Eltern sich große Sorgen machen, ist das ein Warnzeichen für sich«, sagt Martin. Denn dann stimme meist tatsächlich etwas nicht. Auch wenn das Kind schrill schreit, sehr schlapp wirkt und nichts mehr trinkt, muss ein Arzt die Situation beurteilen. Ein steifer Nacken und Kopfschmerzen können auf eine Hirnhautentzündung hindeuten, Petechien und Einblutungen auf das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, eine lebensgefährliche Komplikation einer Meningitis.
Auch Beschwerden beim Wasserlassen seien ein Alarmsymptom, wie Martin betont, etwa, wenn der Urin merkwürdig riecht oder das Urinieren schmerzhaft ist – es könnte eine Blasenentzündung vorliegen. Hat ein Säugling über acht Stunden beziehungsweise ein älteres Kind über zwölf Stunden keinen Urin abgelassen, weist dies auf eine Austrocknung (Dehydratation) hin. Weitere Anzeichen hierfür sind: eingesunkene Fontanelle bei Babys, trockener Mund und trockene Lippen, eingesunkene Augen, fehlende Tränen und schlechter Allgemeinzustand.
Oft haben Eltern Angst, dass die Temperatur des Kindes ins Unermessliche steigt und lebensbedrohlich wird. Diese Befürchtung sei jedoch unbegründet, sagt Martin. »Alles deutet darauf hin, dass der Körper die Temperatur so reguliert, dass es für ihn nicht gefährlich wird. Es gibt strikt genommen keine Temperatur, ab der man Fieber senken muss.« Normalerweise folge auf den Anstieg der Temperatur ein Plateau – »fast immer unter 41,7 °C« – bis die Temperatur schließlich wieder sinke.
Toleriert das Kind die erhöhte Temperatur und ist der Allgemeinzustand gut, ist eine Fiebersenkung bei einem ansonsten gesunden Kind laut Martin nicht pauschal erforderlich. Folgende Maßnahmen unterstützen das Kind:
Ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig: Das Kind sollte etwa jede halbe Stunde etwas trinken. / © Adobe Stock/Ermolaev Alexandr
Ist das Kind stark beeinträchtigt, könnten Eltern fiebersenkende Maßnahmen ergreifen, so Martin. Das gelingt unter anderem mit Wadenwickeln. Diese sollten körperwarm sein, empfiehlt der Experte. Denn Kälte führe zu einer Gegenregulation – der Körper produziere nur noch mehr Wärme. »Wenn man die Wickel warm macht, verdunstet das Wasser relativ schnell. Dadurch nehmen wir Wärme weg, ohne dass eine Gegenregulation stattfindet«, so Martin.
Ein weiterer Tipp des Mediziners: Etwas Zitrone in das Wasser für die Wickel auspressen. »Zitronenöle helfen erstens dabei, das Wasser besser zu verdunsten und haben eine vasodilatatorische Wirkung, das heißt, die Gefäße erweitern sich und geben dadurch Wärme ab. Außerdem mindert Zitrone das Gefühl von Schmerz und Unwohlsein und hat eine leicht stimmungsaufhellende Wirkung.«
Körperwarme Wadenwickel können das Fieber senken. / © Adobe Stock/photophonie
Prinzip: Das aus dem Wickel verdunstende Wasser entzieht dem Körper Wärme.
Benötigt werden zwei Tücher, zum Beispiel aus Baumwolle, die mit handwarmem, nicht kaltem (!) Wasser durchfeuchtet und ausgewrungen werden. Sie werden faltenfrei um beide Unterschenkel gelegt, wobei die Gelenke ausgelassen werden. Darüber kommt jeweils ein trockenes Außentuch, zum Beispiel aus Frottee. Eventuell zusätzlich warme Socken anziehen, mit einer leichten Bettdecke zudecken. Nach circa 10 bis 20 Minuten entfernen. Nach einer Pause von 20 Minuten kann das Wickeln wiederholt werden, üblich sind drei Durchgänge.
Vorsicht: Nicht anwenden bei ansteigendem Fieber oder Schüttelfrost oder wenn Füße und Waden kalt sind.