Fieber richtig einschätzen |
Juliane Brüggen |
24.01.2025 15:00 Uhr |
Einige Impfungen erzeugen regelmäßig Fieber – nach einigen Stunden, wie die Meningokokkenimpfung, oder, wie bei der Masernimpfung, mit einer Verzögerung von bis zu neun Tagen. »Es ist wichtig, dass Eltern verstehen, dass das Fieber ein positives Zeichen ist. Ein Zeichen dafür, dass der Körper sich mit der Impfung auseinandersetzt und Antikörper produziert«, so Martin. Deshalb könne man nicht pauschal empfehlen, das Fieber nach einer Impfung zu senken.
Eine Ausnahme bildet die Meningokokken-B-Impfung Bexsero®. Da diese sehr häufig zu Fieber und Druckschmerzen an der Einstichstelle führt, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) Kindern, die jünger als zwei Jahre sind, gleichzeitig mit oder kurz nach der Impfung Paracetamol zu geben. Das müsse man aber nicht unbedingt tun, solange das Kind nicht leidet, sagt Martin.
Ein Fieberkrampf sei ein schlimmes Erlebnis für die Eltern, wie Martin erläutert. »Das sieht schrecklich aus, das Kind wirkt anders, verdreht die Augen, wird blass, die Lippen werden vielleicht blau, es zuckt am ganzen Körper.« Das führe meistens sofort zum Anruf des Notarztes – die richtige Maßnahme, vor allem beim ersten Mal und wenn der Fieberkrampf kompliziert verläuft. Hinter dem Krampf können auch andere Ursachen stecken, was abgeklärt werden muss.
Während des Krampfs gilt: Ruhe bewahren und das Kind vor Verletzungen schützen, jedoch nicht stark festhalten oder schütteln. Das Kind nicht alleine lassen »und am besten einfach im Arm halten«, empfiehlt Martin. Bei älteren Kindern mit Krampfanfällen das Gesicht beobachten und darauf achten, dass Speichel und eventuell Erbrochenes abfließen kann (Seitenlage nach dem Anfall). Diese Symptome können laut Martin auf einen Krampfanfall statt eines Fieberkrampfes hindeuten.
Normalerweise sind die Fieberkrämpfe einfach, das heißt, sie treten im Alter von sechs Monaten bis fünf Jahren auf, dauern etwa drei bis vier Minuten (nicht länger als 15 Minuten) und wiederholen sich nicht innerhalb von 24 Stunden. »Die gute Nachricht ist, dass Fieberkrämpfe normalerweise keinen langfristigen Schaden verursachen«, ordnet Martin ein. »Die weniger gute Nachricht ist, dass wir bisher nicht vermeiden können, dass sie auftreten.« Studien hätten ergeben, dass selbst der Einsatz von fiebersenkenden Mitteln das Auftreten nicht verhindern oder unterdrücken konnte. »Von daher kann man wiederum die Eltern entlasten und sagen: Es ist nicht Ihre Schuld, dass der Krampf aufgetreten ist. Sie hätten es auch nicht vermeiden können.«
Aus der Studienlage ergebe sich auch keine Empfehlung dafür, nach einem ersten Fieberkrampf Fieber prinzipiell zu senken, meint der Experte. An seinem Institut werde aktuell die These überprüft, ob es hilfreich ist, den Fieberanstieg durch äußere Wärmezufuhr zu unterstützen, um einem Fieberkrampf vorzubeugen. »Die Theorie ist, dass die Wärme dazu führt, dass das System schneller die ›Arbeitstemperatur‹ erreicht und deshalb weniger Zytokine ausschütten muss«, so Martin. Man gehe davon aus, dass Zytokine die Krampfschwelle erniedrigen. Es lägen aber noch keine abschließenden Ergebnisse vor.