Für wen der Alzheimer-Antikörper zugelassen werden soll |
Unter der Antikörpertherapie können Nebenwirkungen im Gehirn auftreten. / © Adobe Stock/New Africa
Die Alzheimer-Erkrankung ist unter anderem durch das Auftreten von β-Amyloid-Plaques im Gehirn gekennzeichnet. Genau hier setzt der therapeutische Antikörper Lecanemab (Leqembi®) an: Er löst diese Plaques auf. Dabei kann es jedoch zu Nebenwirkungen kommen, die auch der Grund für die anfängliche Ablehnung einer Zulassung seitens der EMA waren: Im Gehirn können Flüssigkeitsansammlungen (Ödeme) oder Blutungen entstehen. Die im MRT sichtbaren Auffälligkeiten werden Amyloid-bedingte Bildgebungsanomalien (ARIA) genannt. Das Risiko hierfür war insbesondere bei Patienten erhöht, die zwei Kopien des Alzheimer-Risikogens ApoE4 aufwiesen.
Nach einer neuen Subgruppenanalyse der Zulassungsstudie kommt die EMA nun zu dem Ergebnis, dass Lecanemab für Patienten, die nur eine oder keine Kopie von ApoE4 tragen, ein positives Nutzen-Risiko-Profil hat. In dieser Patientengruppe könnte Lecanemab – sollte die Europäische Kommission der EMA-Empfehlung folgen – bei milden kognitiven Einschränkungen (MCI) oder Alzheimer-Demenz im Frühstadium eingesetzt werden, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
ApoE4 ist eine von drei Varianten des Gens, das für das Eiweiß Apolipoprotein E (ApoE) codiert. Seit mehr als 30 Jahren weiß man um die Bedeutung des ApoE4-Allels als wichtigen genetischen Risikofaktor für die Alzheimer-Krankheit. So haben Träger eines ApoE4-Allels ein deutlich höheres Risiko, die Erkrankung zu entwickeln, als Träger des ApoE3-Allels.
Eine Studie kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass homozygote ApoE4-Träger, das heißt Träger von zwei Kopien des Gens, etwa 15 bis 20 Prozent aller Alzheimer-Patienten ausmachen, obwohl weltweit nur 2 bis 4 Prozent der Bevölkerung diese genetische Risikokonstellation aufweisen. Die Studie stellte außerdem zur Diskussion, dass es sich beim homozygoten Auftreten des Allels um eine genetische Form der Alzheimer-Krankheit handelt.
Die Wirksamkeit von Lecanemab war in der Untergruppe (keine oder nur eine ApoE4-Kopie) mit der Gesamtpopulation vergleichbar. Erfasst wurde die Veränderung kognitiver und funktionaler Symptome nach 18 Monaten anhand der CDR-SB-Skala. Diese reicht von 0 bis 18, wobei höhere Werte eine größere Beeinträchtigung bedeuten.
Nach 18 Monaten war in der Lecanemab-Gruppe ein weniger starker Anstieg der Werte als in der Placebogruppe zu verzeichnen gewesen, nämlich um 1,22 statt 1,75 Punkte. Dies gilt als Beleg für einen etwas weniger schnellen Abbau der kognitiven und funktionellen Leistung der behandelten Patienten. Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), die die Zulassungsempfehlung begrüßt, gewinnen Betroffene mindestens ein halbes Jahr »gesundes« Leben. Die Krankheit heilen oder komplett zum Stillstand bringen kann der Antikörper jedoch nicht.