Eine echte Grippe geht oft mit einem plötzlich einsetzenden, starken Krankheitsgefühl einher. / © Adobe Stock/kues1
Ende November teilte die EU-Gesundheitsbehörde ECDC (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten) mit, dass die Grippesaison besonders früh beginne. Im Europäischen Wirtschaftsraum, das heißt EU-Länder plus Liechtenstein, Island und Norwegen, gebe es einen etwa drei bis vier Wochen früheren Anstieg von Influenzafällen als in den beiden vergangenen Saisons. Auch in anderen Ländern der Nordhalbkugel wie Großbritannien und Japan hat die Grippewelle bereits begonnen.
Aus der Risikobewertung ging hervor, dass eine neu aufgetretene Influenza-A-Variante (H3N2 der Subklade K), die derzeitige Virusverbreitung vorantreibt. Während die Auswirkungen der bevorstehenden Grippesaison auf das Gesundheitswesen noch unsicher seien, bereite sich die EU-Behörde auf eine schwerere Grippewelle in Europa als in den vergangenen Jahren vor, hieß es.
Auch in Deutschland steigen die Infektionszahlen: Die Zahl der Influenza-Nachweise sei innerhalb von zwei Wochen deutlich gestiegen, heißt es im Wochenbericht (KW 48) des Robert-Koch-Instituts (RKI). Der Beginn der Grippewelle deute sich an. Bisher zirkulieren laut RKI hauptsächlich Influenza A(H3N2)- und A(H1N1)pdm09-Viren.
Die neue H3N2-Variante der Subklade K unterscheidet sich durch sieben Aminosäuremutationen deutlich von den H3N2-Referenzstämmen der aktuellen Impfstoffe (Subklade J beziehungsweise J.2). Die J.2-Variante wurde im Februar 2025 von der WHO für die Formulierung der aktuellen Influenza-Impfstoffe empfohlen.
Somit ist man aktuell mit einem ausgeprägten Antigen-Drift, nicht jedoch einem Subtyp-Wechsel, das heißt einem Antigen-Shift, konfrontiert. Denn auch die Viren der Subklade K gehören weiterhin zu der seit 1968 zirkulierenden H3N2-Linie.
Funktionell scheint dieser Drift aber relevant. Modellierungen aus Großbritannien und Australien weisen auf eine erhöhte Basisreproduktionszahl R von etwa 1,4 hin. Demgegenüber betrug die Basisreproduktionszahl der Influenza-Viren in einer typischen Saison circa 1,2. Dieser Unterschied könnte sich theoretisch in einer um etwa 20 Prozent erhöhten erwarteten Fallzahl niederschlagen.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät unter anderem Menschen ab 60 Jahren, chronisch Erkrankten, Schwangeren, Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen sowie medizinischem Personal zur Grippe-Impfung. Eine Ausweitung der Impfempfehlung auf alle Menschen ab einem Alter von sechs Monaten fordert aktuell die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). »Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat dies bereits getan, andere europäische Länder zeigen uns, dass mit groß angelegten Impfkampagnen zahlreiche Kinder wie Erwachsene erfolgreich geschützt werden können – nur wir in Deutschland lassen weiterhin zu einem Großteil die Grippewelle ungeschützt über uns rollen«, so DIVI-Präsident Professor Florian Hoffmann, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Dritter Orden München-Nymphenburg. »Das muss sich ändern! Denn gerade Kinder können auch schwer an dem Virus erkranken.«
Neben der Impfung sind auch die aus der Corona-Pandemie bekannten Maßnahmen wie Maskentragen in vollen Innenräumen, regelmäßige Lüftung, Testung und Selbstisolation bei Symptomen sinnvoll, zumal parallel weiterhin eine Covid-19-Aktivität beobachtet wird.
Neben der Arztpraxis sind auch Apotheken seit 2022 eine Anlaufstelle. Sie dürfen gegen Grippe und gegen Corona, viele bieten dies auch an. Nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat die Zahl der durchgeführten Grippe-Impfungen in Apotheken deutlich zugenommen.
So wurden dort im vergangenen Jahr rund 92.000 Impfungen gegen Influenza gegeben. In diesem Jahr waren es von Januar bis November hingegen bereits rund 149.500. Die ABDA geht zudem davon aus, dass dieser positive Impftrend in den Apotheken weiter zunehmen werde. »Wir erreichen gerade bei diesen Infektionen wie Grippe und Corona in den Apotheken viele Menschen, die sonst gar keine Zeit hätten, zum Arzt zu gehen«, erklärte ABDA-Präsident Thomas Preis.
Es sei noch nicht zu spät, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Die volle Wirkung der Impfung trete nach zwei Wochen ein, »aber man hat auch schon einen Sofortschutz und der hält dann so lange an.« Die Impfung schütze vor schweren Verläufen. »Aber insbesondere auch die Mitmenschen, die nicht so eine gute Abwehrlage haben, sind indirekt auch besser geschützt.«
Die Influenza-Varianten wurden nach Angaben des RKI auf ihre Passgenauigkeit mit den aktuellen Impfstamm-Antiseren hin untersucht. Die Ergebnisse bei den Viren der A(H3N2)-Subklade K könnten darauf hindeuten, dass bei ihnen in dieser Saison der Schutz vor einer Infektion nach der Grippeschutzimpfung etwas verkürzt sein könnte, »vor allem bei jüngeren Personen, die noch nicht so viele Antigenkontakte hatten«. Es werde allerdings erwartet, dass der Grippe-Impfstoff weiterhin Schutz vor schweren Erkrankungen biete.
Eine Grippe beginnt nach Auskunft des Bundesinstituts für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) bei manchen etwa plötzlich mit Fieber oder einem deutlichen Krankheitsgefühl. Auch trockener Reizhusten und ungewöhnlich starke Erschöpfung seien charakteristisch. Zusätzlich sind Schweißausbrüche und Halsschmerzen möglich. Eine Grippe kann aber auch weniger typisch und ohne Fieber verlaufen.
Dabei kann eine Grippe unterschiedlich schwer sein. Laut BIÖG ist etwa die Lungenentzündung eine gefürchtete Komplikation der Grippe, die häufig im Krankenhaus behandelt werden muss und mitunter lebensbedrohlich verlaufen kann.
Viele Viruserkrankungen können Probleme wie Herzmuskelentzündungen, Erschöpfungszustände, Depressionen oder Nervenschäden verursachen. Nach einer Grippe können zum Beispiel langanhaltende gesundheitliche Probleme ähnlich denen bei Long Covid auftreten.
Wer eine Grippe hat, sollte nach Möglichkeit bis zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden zu Hause bleiben, empfiehlt das BIÖG. Direkter Kontakt zu anderen Menschen sollte, wenn möglich, vermieden werden — vor allem zu Menschen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben. Dazu zählen zum Beispiel Säuglinge, Ältere, Menschen mit Vorerkrankung oder Immunschwäche sowie Schwangere.