Hochverarbeitet = gesundheitsschädlich? |
Juliane Brüggen |
13.05.2025 13:00 Uhr |
An hochverarbeiteten Lebensmitteln kommt man im Supermarkt oft nicht vorbei, es gilt aber zu differenzieren. / © Getty Images/kupicoo
Die Hypothese, die im Raum steht: Bestimmte Lebensmittel sind – ungeachtet ihrer Nährwertrelation – schlecht für die Gesundheit, weil sie in hohem Grade verarbeitet sind. »Das ist ein neues Konzept«, sagte Smollich beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin – und nach seiner Ansicht nicht unbedingt ein plausibles. Ermittelt wird der Verarbeitungsgrad in der Regel mithilfe der NOVA-Klassifikation, die von unverarbeitet (NOVA 1) bis hochverarbeitet (NOVA 4) reicht. NOVA-4-Lebensmittel, auch UPF genannt (engl. für ultra-processed foods), entsprechen der Lebensmittelgruppe, die in vielen epidemiologischen Studien mit erhöhter Morbidität oder Mortalität assoziiert ist.
Smollich kritisierte, dass viele der angelegten Kriterien nicht spezifisch für hochverarbeitete Lebensmittel seien, etwa industrielle Herstellung, hohe Profitabilität oder »Convenience«. »Auch TK-Gemüse ist convenient«, so der Apotheker, der die Arbeitsgruppe Pharmakonutrition am ernährungsmedizinischen Institut des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) leitet.
Oft als UPF-typisch bezeichnete Eigenschaften wie hohe Energiedichte oder sogenannte »Hyperpalatability« treffen ihm zufolge auch auf bestimmte Lebensmittel der Klassen NOVA 1 bis 3 zu. »Hyperpalatability« bedeutet, dass ein Produkt als »hyperlecker« und quasi »süchtig machend« wahrgenommen wird. Der Effekt entsteht durch einen hohen Fett- und Natriumgehalt wie in Chips oder einen hohen Fett- und Zuckeranteil wie in Schokoaufstrich. Auch Nicht-UPF wie gesalzene Nüsse oder Käse erfüllten diese Kriterien. Smollich: »Gerade das hat nichts mit Verarbeitung zu tun, das sind Inhaltsstoffe, das sind Nährwertrelationen und das ist eben nicht Verarbeitung an sich.«
Ein Thema, das oft ins Felde geführt wird, sind die Zusatzstoffe, die in hochverarbeiteten Lebensmitteln enthalten sind. Dazu sagte Smollich: »Die pauschale Negativbewertung ist ohne Evidenz, wir haben in der EU über 320 zugelassene Zusatzstoffe. Diese müssen toxikologisch geprüft sein und sind in Verzehrmengen sicher.« Es fehle im NOVA-Konzept zudem eine Dosisabhängigkeit, die die enthaltene Menge an Zusatzstoffen berücksichtigt. Zusatzstoffe seien ohnehin eine heterogene Gruppe – auch natürlich vorkommende Stoffe wie Beeren-Anthocyane, Ascorbinsäure oder Chlorophyll gehören dazu.