Ist Onlinetherapie ein Trend der Zukunft? |
Wird die traditionelle Psychotherapie mit digitalen Möglichkeiten ergänzt oder werden verschiedene digitale Behandlungsmodule miteinander kombiniert, sprechen Psychologen von sogenannten Blended-therapy-Ansätzen. Diese können dann zum Beispiel so aussehen, dass eine reguläre Psychotherapie mit einer App kombiniert wird, die bei Übungen unterstützt oder zusätzliches Wissen zur Behandlung vermittelt. Ein Selbsthilfeprogramm kann die Wartezeit auf einen Therapieplatz überbrücken oder nach Abschluss der Behandlung den Therapieerfolg aufrechterhalten. Auch die Integration in eine klassische Psychotherapie ist möglich.
Viele Krankenkassen übernehmen inzwischen die Kosten für Onlinetherapie-Programme. Dazu gehört etwa deprexis®, ein Onlinetherapie-Programm gegen Depressionen, oder MindDoc, die eine Onlinetherapie bei Depressioenen, Essstörungen, Ängsten und Zwängen anbieten. Ob die eigene Krankenkasse dabei ist, erfährt man direkt bei den Anbietern oder der Krankenkasse. Darüber hinaus gibt es auch einige kostenlose Programme wie zum Beispiel Studicare. Hierbei handelt es sich um ein WHO-assoziiertes Forschungs- und Kooperationsvorhaben zur Förderung der psychischen Gesundheit von Studenten. Zugänglich sind Onlinetrainings zur Prävention und Behandlung von Depressionen, Stress, Körperunzufriedenheit und Ängsten inklusive Prüfungsangst. MoodGym richtet sich an Menschen mit Depressionen. Entwickelt wurde es von Wissenschaftlern der Australian National University. Die Anpassung an deutsche Gegebenheiten und die Übersetzung erfolgte durch das Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Auch das Programm iFightDepression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe richtet sich an Menschen mit Depressionen. Allerdings muss hier der Zugang durch einen Arzt oder Psychotherapeuten freigeschaltet werden.
In der Psychotherapie ist die therapeutische Beziehung zwischen Patient und Behandler ein wichtiges Element für die Wirksamkeit der Therapie. Obwohl diese bei reinen Onlinetherapien doch stark vom klassischen Setting abweicht, konnten Studien nachweisen, dass die therapeutische Beziehung bei beiden Therapieformen gleichwertig ist. Unsicherheit herrschte dennoch als mit Beginn der Covid-19-Pandemie viele klassische Therapien ungewollt als Videobehandlung weitergeführt werden mussten und dies auch Patienten betraf, die noch keine Beziehung zum Therapeuten aufbauen konnten. Inzwischen gibt es auch hier Entspannung. Erste Studien weisen darauf hin, dass der Beziehungsaufbau dem der regulären Therapie entspricht. Laut dem Verband Pro Psychotherapie e.V. deuten die Daten daraufhin, dass es für viele Patienten wichtiger ist, sich kompetent betreut zu fühlen, Rückmeldungen zu erhalten und die richtigen Hilfestellungen zu bekommen als dem Therapeuten persönlich gegenüberzusitzen. Vielen Patienten fiele es in einer Onlinetherapie zudem leichter, offen über ihre Probleme und persönliche Dinge zu berichten. Unklar ist bisher noch, wie Therapeut und Patient den Settingwechsel zwischen Praxis und Online erleben, besonders, wenn er häufiger stattfindet.
Eine Herausforderung kann die Weiterbetreuung von Kindern sein, deren Behandlung vor allem über das gemeinsame Spielen stattfindet. Aber auch hier gibt es Mittel und Wege wie Brigitte Sindelar in »Die Psyche in Zeiten der Corona-Krise« beschreibt. So gäbe es die Möglichkeit des gemeinsamen Onlinespiels während einer Videokonferenz, bei dem die Auswahl der Spielfigur, die Art des Zusammen oder Gegeneinander Spielens dem Psychotherapeuten die gleichen Interventionsmöglichkeiten wie beim echten Spiel geben. Darüber hinaus existieren für Kinder bereits gut evaluierte Computerspiele, die neben dem Spaßfaktor darauf abzielen, Verhaltensänderungen zu unterstützen. Zum Beispiel SPARX zur Prävention und Behandlung depressiver Störungen oder Camp-Cope-A-Lot bei Angststörungen.