Krampfadern sind keine Bagatelle |
Bewegung aktiviert die Muskelpumpe, fördert den Rückfluss des Blutes zum Herzen und sollte so häufig wie möglich in den Alltag eingebaut werden. / Foto: Adobe Stock/maryviolet
Krampfadern und Venenveränderungen sind weit verbreitet. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie weisen 20 bis 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland behandlungsbedürftige Krampfadern auf. Dazu kommt ein großer Anteil, der leichte Venenveränderungen wie Besenreiser zeigt. Für Europa fällt die Zahl noch höher aus. So schätzt die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin, dass jeder Zweite zwischen 25 und 74 Jahren von Krampfadern betroffen ist.
Krampfadern (Varizen) entstehen, wenn die Klappen des oberflächlichen Venensystems nicht mehr richtig schließen. Statt ausschließlich nach oben, in Richtung Herz, kann das Blut in der betroffenen Vene nun auch nach unten, in Richtung Fuß fließen. Für die Venenwände stellt der ungewohnte Rückstrom eine enorme Belastung dar, dem sie auf Dauer nicht standhalten können. Die Wände dehnen sich aus, in Folge werden weitere Klappen undicht und lassen nun ebenfalls das Blut in umgekehrte Richtung passieren. Es prägt sich ein Dominoeffekt aus, der nach und nach die gesamte Vene betrifft.
Wird eine Vene zur Krampfader, nimmt der gesamte Durchmesser der Vene zu. Sie krümmt und schlängelt sich. Bei den klassischen Krampfadern am Bein ist das von außen gut sichtbar. Andere Krampfadern liegen tiefer im Gewebe, von außen ist nichts von ihnen zu sehen.
Krampfadern werden nach ihrer Ausprägung und dem Entstehungsort im oberflächlichen Venensystem in fünf Formen eingeteilt.
Bei der Entstehung von Krampfadern unterscheiden Phlebologen primäre von sekundären. Während letztere meist die Folge einer tiefen Venenthrombose sind, konnten für die primären Krampfadern bisher keine konkreten Auslöser eindeutig identifiziert werden. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die Krampfadern begünstigen. Dazu gehört die genetische Veranlagung für eine Schwäche der Venenklappen. So liegt das Erkrankungsrisiko für Menschen mit zwei betroffenen Elternteilen bei 90 Prozent, bei einem betroffenen Elternteil bei 45 Prozent. Ist kein Elternteil betroffen, besteht ein Grundrisiko von 20 Prozent. Eine weitere wichtige Rolle spielt das Lebensalter. Mit steigendem Alter verlieren das Bindegewebe und die oberflächlichen Venen an Elastizität, was die Entstehung von Krampfadern begünstigt. Zudem gelten mangelnde Bewegung und Übergewicht als Risikofaktoren.
Ein Sonderfall bei der Entstehung von Krampfadern ist die Schwangerschaft. Hier sind die wichtigsten Faktoren das Hormon Progesteron und das erhöhte Blutvolumen. Hohe Progesteron-Werte setzen die Spannkraft der Venenwände herab, gleichzeitig sind die Venen durch das steigende Blutvolumen besonders belastet. Fallen nach der Geburt beide Faktoren weg, bilden sich die Krampfadern mitunter zurück. Allerdings steigt mit der Anzahl der Schwangerschaften auch das Risiko für eine permanente Erkrankung.
Viele Menschen halten Krampfadern zunächst für ein optisches Problem. Das liegt vor allem daran, dass sie oft bereits einige Zeit sichtbar sind, bevor erstmals Beschwerden auftreten. Als erstes Anzeichen der venösen Zirkulationsstörung gelten Ödeme in den Beinen. Meist treten sie im Bereich der Knöchel auf und werden gegen Abend stärker. Betroffene klagen nun über Schwere-, Müdigkeits- und Spannungsgefühle in den Beinen, die beim Hochlagern der Beine oder bei Bewegung nachlassen. Mitunter treten auch nächtliche Fuß- oder Wadenkrämpfe auf. Warmes Wetter kann die Beschwerden zusätzlich verstärken.
Bleiben Krampfadern unbehandelt, können sich ernsthafte Folgeerkrankungen entwickeln. Diese beginnen bei chronischen Hautveränderungen im Bereich von Unterschenkel und Fuß, die als bräunliche Verfärbungen sichtbar werden. Sie entstehen durch Eisenpigmente, die aus dem gestauten Blut in die Haut gelangen. Die unzureichende Durchblutung führt dazu, dass die Haut dünner wird und das Bindegewebe verhärtet. Betroffene Bereiche können jucken und sich warm anfühlen. Das offene Bein ist schließlich durch Geschwüre in der Unterschenkel- und Knöchelregion gekennzeichnet. Auch die Ausbildung von Blutgerinnseln in den Krampfadern ist möglich. Diese äußern sich durch lokale Schmerzen, Hautrötung, Hitzegefühl, Beinschwellung und tastbare steife Venenstränge. Darüber hinaus neigen Krampfadern zu Entzündungen, die schmerzhaft sein können, und zu starken Blutungen, wenn sie verletzt werden.
Grundsätzlich gilt: Krampfadern können sich nicht von alleine zurückbilden. Ein frühes therapeutisches Eingreifen ist sinnvoll und lindert nicht nur Beschwerden, sondern kann auch das Fortschreiten der Erkrankung sowie das Eintreten von Komplikationen verhindern. Dafür stehen Medizinern und Betroffenen verschiedene Methoden zur Verfügung. Eine wichtige Säule der Basistherapie bilden Kompressionsverbände und medizinische Kompressionsstrümpfe. Sie üben gezielten Druck auf die Beinvenen aus, wodurch sich die Funktion der Klappen und der Muskelpumpe verbessert. Ebenfalls Bestandteil der Therapie ist Bewegung. Sie aktiviert die Muskelpumpe, fördert den Rückfluss des Blutes zum Herzen und sollte so häufig wie möglich in den Alltag eingebaut werden. Ergänzt wird die Behandlung durch regelmäßiges Hochlagern der Beine. Zudem sollten Betroffene nicht lange stehen oder sitzen, möglichst keine heißen Bäder nehmen und die Sauna meiden.
Eine wichtige Säule der Basistherapie bilden Kompressionsverbände und medizinische Kompressionsstrümpfe. / Foto: Getty Images/ChesiireCat
Gegen unangenehme Beschwerden wie Schmerzen, Schwere- und Spannungsgefühle stehen zudem pflanzliche Venenmedikamente für die orale Einnahme zur Verfügung. Nach Angaben der aktuellen Leitlinie »Diagnostik und Therapie der Varikose« liegt derzeit ein evidenzbasierter Wirksamkeitsnachweis für den Roten Weinlaubextrakt, Rosskastanienextrakt und Oxerutin vor. Sie entfalten ihre Wirkung an den Gefäßwänden, verringern deren Permeabilität, beugen Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe vor und unterstützen beziehungsweise ergänzen damit die Wirkung der Basistherapie aus Kompression, Bewegung und Hochlagern. Viele Betroffene empfinden auch die Anwendung von Gelen, Cremes, Salben und Sprays mit Extrakten aus Rosskastanie oder Rotem Weinlaub als angenehm.
Mit der vollen Wirkung ist erst nach einer kontinuierlichen Einnahmezeit von zwei bis vier Wochen zu rechnen. Auch Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Irritationen oder Hautreaktionen können auftreten. In diesem Fall sollte der Wechsel auf ein anderes Präparat erwogen werden.
Eine Beseitigung von Krampfadern ist nur mit chirurgischen Maßnahmen möglich. Ob ein Verschluss der Venen durch Verödung, Radiofrequenz- oder Lasertherapie, ein Abbinden des erweiterten Venenabschnittes, eine Verengung oder Entfernung der Vene das richtige Vorgehen ist, richtet sich nach dem Ausmaß der Erkrankung sowie den betroffenen Gefäßabschnitten und wird von den jeweiligen Medizinern individuell entschieden.
Auch wenn die vorhandenen Krampfadern entfernt werden – die Neigung dazu bleibt bestehen. Phlebologen raten deshalb, ergänzend krankheitsbegünstigende Faktoren wie Bewegungsmangel und Übergewicht möglichst gering zu halten. Dennoch kommt es vor, dass einige Menschen trotz Einhaltung aller Empfehlungen erneut behandlungsbedürftige Krampfadern entwickeln.