Krankheit mit 1000 Gesichtern |
Lina ist dank der Immuntherapie heute stabil, sagt sie. Nach sechs Schüben in den ersten beiden Jahren erlebte sie bislang nur noch einen weiteren – zum Glück ohne neue Läsionen. »Das bedeutet aber nicht, dass es mir immer gutgeht.« Denn bereits bestehende Beschwerden kann die verlaufsmodifizierende Behandlung in der Regel nicht lindern. Viele MS-Symptome seien unsichtbar, erklärt Lina: zum Beispiel das Kribbeln »wie durch 1000 Nägel« und die Taubheit in den Beinen, besonders aber die chronischen Schmerzen, unter denen sie leidet. Gegen die benötigt sie oft starke Analgetika. Andere MS-Patienten sprechen bei anfallsartigen, sogenannten paroxysmalen Schmerzen gut auf Antiepileptika wie Carbamazepin, Gabapentin oder Pregabalin an. Zur symptomatischen Therapie gehören darüber hinaus für viele Betroffene beispielsweise eine regelmäßige Physiotherapie und Muskelrelaxantien wie Baclofen (zum Beispiel Lioresal®) gegen Spasmen. Bei Blasenfunktionsstörungen können Medikamente wie Oxybutynin (wie Dridase®) oder Propiverin (wie Mictonetten®), Beckenbodengymnastik oder die Injektion von Botulinumtoxin in den Blasenmuskel helfen.
Die Erkrankung habe ihr Leben auf den Kopf gestellt, sagt Patientin Lina Zeides, aber vieles auch zum Positiven verändert. / © Lina Zeides
Auch sportliche Aktivität trägt viel dazu bei, die Lebensqualität von MS-Patienten zu verbessern: Sie lindert nachweislich Beschwerden wie Fatigue, Spastiken, Muskelschwäche, Depressionen, Koordinations- und Gleichgewichtsprobleme. Am besten geeignet ist ein ausgewogener, mäßig anstrengender Mix aus Ausdauer- und Krafttraining. Kurzfristig kann Sport allerdings die Symptome verschlechtern. Schuld ist das sogenannte Uhthoff-Phänomen: Durch die erhöhte Körpertemperatur verringert sich die Leitfähigkeit in den von der MS beeinträchtigten Abschnitten im Zentralnervensystem. Mediziner wissen heute aber, dass diese Verschlimmerung ungefährlich ist und nach 30 Minuten bis zwei Stunden wieder verschwindet. Durch kühle Umschläge, Arm- oder Fußbäder kann man das beschleunigen.
Lina hat gelernt, sich mit ihrer MS zu arrangieren. Ihre Erfahrungen teilt sie auf Instagram (@lina.mein.leben.mit.ms) und auf ihrer Website (linameinlebenmitms.de). Die Erkrankung habe ihr Leben auf den Kopf gestellt, sagt sie – vieles jedoch auch zum Positiven verändert: »Die MS bringt mich oft an meine Grenzen, aber sie hat mich auch zu einem sehr starken Menschen gemacht, den so schnell nichts umhaut.« Und sie habe ihr beigebracht, was im Leben wirklich zählt: »Zum Beispiel, am Morgen aufstehen zu können. Und glücklich zu sein.«