Kurzsichtigkeit bei Kindern gezielt behandeln und vorbeugen |
In Europa sind zwischen 30 und 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen kurzsichtig, Tendenz steigend. / © Getty Images/standret
Wer kurzsichtig ist, sieht in der Nähe scharf, doch beim Blick in die Ferne erscheint das Bild verschwommen. Auslöser dafür ist ein leicht verlängerter Augapfel: Das in das Auge einfallende Licht wird nicht auf der Netzhaut gebündelt, sondern davor.
Angeboren ist dieser Zustand nicht. Kurzsichtigkeit entwickelt sich im Laufe der Kindheit, wenn im Wachstum eben auch der Augapfel wächst. Dabei reichen schon Abweichungen im Mikrometerbereich. Zum Vergleich: Ein gesundes menschliches Auge ist etwa 24 mm lang. Eine Verlängerung des Augapfels um 1 mm verursacht eine Kurzsichtigkeit von etwa -3 Dioptrien.
Besonders stark wächst der Augapfel zwischen dem sechsten und zwölften Lebensjahr. Häufig fällt eine Kurzsichtigkeit deshalb beim Schuleintritt auf, wenn die Kinder Schwierigkeiten beim Lesen der Tafel bemerken oder ungewöhnlich nah an Bücher und Bildschirme heranrücken. Auch wenn Kinder häufig über Kopfschmerzen oder müde Augen klagen, oft blinzeln oder die Augen zusammenkneifen sowie in ihren Schulleistungen nachlassen, kann eine Kurzsichtigkeit dahinterstecken.
Kurzsichtig zu sein, ist heute keine Seltenheit mehr. Die Kurzsichtigkeit gilt inzwischen als weltweit häufigste Fehlsichtigkeit, die Schätzungen zufolge weiter zunehmen wird. Experten gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2050 fast die Hälfte der Weltbevölkerung kurzsichtig sein wird. Im Vergleich dazu: Zur Jahrtausendwende war nur etwa jeder Fünfte betroffen.
Besonders problematisch ist diese Zunahme für junge Menschen. In Europa sind derzeit zwischen 30 und 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen kurzsichtig, in südostasiatischen Metropolen sind es bereits 80 bis 90 Prozent. Und solange Kinder im Wachstum sind, kann auch der Augapfel weiterwachsen, die Kurzsichtigkeit also weiter zunehmen. Von einer fortschreitenden Kurzsichtigkeit, sprechen Mediziner, wenn die Sehschwäche pro Jahr um 0,5 bis 1 Dioptrien abnimmt.
Etwa jedes zehnte kurzsichtige Kind entwickelt eine solche fortschreitende Kurzsichtigkeit. Wird sie nicht gestoppt oder zumindest verzögert, können Kinder am Ende ihres Wachstums Werte von -12 Dioptrien aufweisen. Der weiteste Punkt, der in diesem Fall noch scharf gesehen werden kann, befindet sich in einem Abstand von 8 cm zum Auge. Neben Einschränkungen im Alltag birgt eine hohe Dioptrienzahl ab etwa -5 zudem das Risiko für Netzhautschäden und eine Makuladegeneration im Erwachsenenalter. Bei einem Wert von -10 Dioptrien liegt das Risiko bei mehr als 50 Prozent.