Leber und Medikamente |
Die größte Bedeutung für die oxidative Metabolisierung von Arzneistoffen haben die sogenannten Cytochrom-P450-Enzyme (CYP). Diese Monooxygenasen kommen im Körper vor allem in den Hepatozyten vor. Rund 90 Prozent aller Medikamente sind Substrate von CYP, das heißt, sie werden durch diese Enzyme metabolisiert. Die CYP-Enzyme sind eine große Enzymfamilie, bestehend aus etwa 60 sogenannten Isoenzymen, die sich hinsichtlich ihrer Substrate und des Vorkommens unterscheiden. Nur ein Teil davon ist für den Arzneistoffstoffwechsel relevant.
Je nach Zugehörigkeit zu einer Unterfamilie werden die Isoenzyme mit Ziffern und Buchstaben näher bezeichnet, wie zum Beispiel CYP1A2 oder CYP2D6. Ziel der durch CYP katalysierten Reaktionen ist es in der Regel, wasserunlösliche Substanzen in wasserlösliche umzuwandeln. Wie die Enzyme die Substanzen chemisch verändern, ist unterschiedlich. Oft führen sie OH-Gruppen in das Molekül ein.
Die bedeutendste Rolle für den Arzneistoffmetabolismus spielt CYP3A4, das mit fast der Hälfte der Arzneistoffe reagiert. Manche Arzneistoffe werden im Wesentlichen nur von einem bestimmten CYP-Isoenzym metabolisiert. Die meisten Substanzen aber sind Substrat von zwei oder mehreren Isoenzymen. Metoprolol wird beispielsweise über CYP3A4 und CYP2D6 abgebaut. Neben dem Cytochrom-P450-Enzymsystem existiert eine Reihe weiterer Enzymsysteme in der Leber, die ebenfalls bei der Biotransformation von Arzneimitteln eine Rolle spielen, wie zum Beispiel Transferasen und Reduktasen.
Alle Nährstoffe und auch Arzneistoffe, die durch die Magen- oder Dünndarmschleimhaut aufgenommen werden, gelangen in die Pfortader und werden dort mit dem venösen Blut direkt in die Leber transportiert. Hier entscheidet sich, wieviel von der aufgenommenen Menge danach noch an den Wirkort irgendwo im Körper gelangen kann. Denn manche Substanzen werden schon sofort zu einem Großteil in der Leber metabolisiert.
Der Anteil eines Stoffs, der bei der ersten Leberpassage bereits abgebaut und/oder ausgeschieden wird, ist der hepatische First-Pass-Effekt. Bei manchen Arzneistoffen ist er besonders hoch, wie zum Beispiel bei Propranolol (circa 70 Prozent) oder Glyceroltrinitrat (circa 60 Prozent). Wenn es sich nicht gerade um ein Prodrug handelt, ist ein hepatischer First-Pass-Effekt von Nachteil. Er muss bei der Berechnung der Dosierung gleich einkalkuliert werden.