Leber und Medikamente |
Bei der Metabolisierung gibt es genetisch bedingt mitunter erhebliche individuelle Unterschiede. Sie sind ein Hauptgrund, warum Menschen auf Medikamente unterschiedlich reagieren: Manche Personen sprechen auf eine Therapie an, andere nicht. Manche vertragen ein Arzneimittel nicht, das bei anderen keinerlei Nebenwirkungen zeigt. Der Grund sind Polymorphismen der Gene. Zum Beispiel gibt es eine große Variabilität bei den Genen, die die Isoenzyme CYP2D6 und CYP2C19 codieren. In der Folge entstehen aktivere beziehungsweise schwächere oder sogar funktionslose Varianten der Enzyme.
Ob ein Arzneistoff schnell oder langsam biotransformiert wird, hat natürlich Einfluss auf den Blutspiegel. Ein relativ langsamer Abbau eines Wirkstoffs kann dazu führen, dass sich das Medikament im Körper anhäuft, was die Nebenwirkungsrate erhöht. Ein extrem schneller Abbau führt hingegen zur Wirkungslosigkeit. In der klinischen Pharmakologie unterscheidet man zwischen schnellen und langsamen Metabolisierern. Um diese Patientengruppen wirksam und sicher behandeln zu können, müssen die Dosierungen angepasst werden.
Ob solche pharmakogenetischen Unterschiede praktisch relevant werden, hängt davon ab, wie stark das betroffene Enzym am Abbau des Arzneistoffs beteiligt und wie groß die therapeutische Breite des Arzneistoffs ist. Auch die Frage, ob aktive Metaboliten gebildet werden, spielt hier eine Rolle. Genetisch bedingte Subformen von Cytochrom-Isoenzymen lassen sich relativ einfach molekulargenetisch in einer Blutprobe bestimmen. Allerdings ist dies noch relativ teuer und wird nur von einem Teil der privaten Krankenkassen und gar nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Möglicherweise ändert sich dies in Zukunft, wenn solche Tests preiswerter werden. Es wäre ein großer Nutzen für die Wirksamkeit und Sicherheit einer Arzneitherapie, wenn bei Verdacht auf einen Genpolymorphismus geklärt werden könnte, wie die Dosis angepasst werden muss oder welche Arzneistoffe für einen Patienten möglicherweise geeigneter sind. /
Im Alter kann die hepatische Metabolisierung verlangsamt sein, da die Leber meist schlechter durchblutet wird. Dann muss die Dosierung reduziert werden, um keine erhöhten Blutspiegel und vermehrten Nebenwirkungen zu produzieren. Auch ein möglicher First-Pass-Effekt ist reduziert, wenn die Leber altersbedingt weniger durchblutet oder in ihrer Funktionalität vermindert ist. Dies gilt es zu berücksichtigen.
Ähnlich ist die Situation bei Erkrankungen der Leber, die die Leberfunktionalität stark einschränken. In diesem Fall sind ebenso oft Dosisanpassungen erforderlich. Ist die Eiweißsynthese in der Leber beeinträchtigt, erniedrigt sich automatisch die Plasmaproteinbindung. Das heißt, es steht mehr freier Arzneistoff zur Verfügung, was dessen Wirkung verstärken kann. Wenn die Produktion von Gallensaft in der Leber eingeschränkt ist, reduziert dies die Ausscheidung großer Moleküle und beeinträchtigt den enterohepatischen Kreislauf. Fazit: Die Leberfunktion muss bei der Pharmakotherapie immer mitgedacht werden.