Macht Verzicht glücklich? |
Dass wir überhaupt so viele Besitztümer anhäufen können, ist vor allem unserem Wohlstand und der westlichen Wirtschaft zu verdanken. Sie suggeriert uns fast pausenlos, dass dieser oder jener Gegenstand fehlen würde, um wirklich glücklich sein zu können. Dazu kommen Vergleiche mit anderen Menschen und das Mithalten wollen mit sozialen Gruppen. Nachhaltig zufrieden macht das oft nicht. So ist bekannt, dass eine materialistische Einstellung, bei der das eigene Wohlbefinden stark vom Erwerb und Besitz bestimmter Produkte abhängt, negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit hat. Materialisten gelten als tendenziell ängstlicher, unzufriedener, neigen zu Spontankäufen und haben häufiger finanzielle Schwierigkeiten.
In zahlreichen Untersuchungen konnte zudem gezeigt werden, dass Erfahrungen und Erlebnisse deutlich zufriedener machen als materielle Anschaffungen. Verantwortlich dafür ist in erster Linie der Prozess der Adaption. Das Gehirn ist darauf ausgelegt, Neues schnell als neue Normalität anzuerkennen. Die Freude über eine große Neuanschaffung verfliegt deshalb meist schneller als erwartet. Erfahrungen und Erlebnisse hingegen wirken nachhaltiger und prägen darüber hinaus die Identität stärker als Gegenstände. Sie verbinden uns mit den Menschen, mit denen die Erfahrung geteilt wurde und hinterlassen deutliche Spuren im Gedächtnis.
Viele Menschen spüren das und suchen nach Möglichkeiten, dem Stress des „Konsumzwangs“ zu entkommen. Eine davon ist die Umstellung auf ein minimalistisches Leben. Hierbei werden Besitz und materieller Konsum bewusst auf das wirklich Notwendige beschränkt. Ziel ist es, eine höhere Lebensqualität sowie mehr Bedeutung für die im Leben verbliebenen Dingen zu erlangen.
Aussortieren, entrümpeln, Verbliebenes wertschätzen und den Konsum nachhaltig reduzieren: Das sind die Kernthemen des Minimalismus. Diese müssen sich aber nicht (nur) auf den eigenen Besitz beziehen. Unter dem Schlagwort »relationship minimalism« geht es um die Auseinandersetzung mit aufmerksamkeits- und zeitbeanspruchenden Beziehungen und ihre Entbehrlichkeit. Beim »mental minimalism« steht die eigene Gedanken- und Gefühlswelt sowie das Ablegen der hinderlichen Anteile im Fokus. Der Begriff »Skinimalism« steht für eine minimalistische Hautpflege, die auf wenige Produkte mit ausgewählten und möglichst wenig Inhaltsstoffen setzt.