Medikamente verantwortungsvoll entsorgen |
Beim Deutschen Bundestag gibt es seit dem Jahr 1990 ein Büro für Technikfolgen-Abschätzung, das sich auch mit den Auswirkungen von Arzneimitteln auf die Umwelt beschäftigt. Der letzte Bericht zur Problematik des Eintrages von Arzneimitteln in die Umwelt aus dem Jahr 2019 stellt fest, dass in Deutschland Daten zu Mikroverunreinigungen nicht flächendeckend erhoben werden und auch keine systematische Überwachung erfolgt. Es gebe jedoch Hinweise darauf, dass Verunreinigungen dieser Art zunehmen und bereits Auswirkungen auf Fauna und Flora nachweisbar sind. Der langsame Abbau der Substanzen in der Umwelt auf der einen Seite und der in den nächsten Jahren vermutlich weiter steigende Verbrauch an Human- und Tierarzneimitteln andererseits werden dazu führen, dass Vorkommen und Konzentration von Arzneistoffen und ihren Abbauprodukten in der Zukunft eher noch zunehmen werden.
Das Beratergremium schlägt einen Maßnahmenkatalog vor, der mögliche Ansätze an verschiedenen Stellen aufzeigt. So sollten zunächst nach dem Vorbild der Schweiz Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe aufgerüstet werden, um einen großen Teil der Humanarzneimittel herauszufiltern, die nach Ausscheidung aus dem Körper oder durch unsachgemäße Entsorgung ins Abwasser gelangen. Mit Hilfe von Aktivkohle und Ozon können die Anlagen etwa 80 Prozent der Arzneistoffe zurückhalten. Abwässer aus Krankenhäusern sollten separat gesammelt werden. Für die Realisierung hält das Bundesumweltamt einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren für realistisch und rechnet mit Kosten von mehr als 10 Milliarden Euro.
Ärzte und Patienten sollen für die Rückstandsproblematik sensibilisiert werden, wodurch sich auch der Arzneimittelverbrauch verringern könnte. Allgemeine Gesundheitsförderung und Präventionsmaßnahmen könnten als Nebeneffekt ebenfalls dazu beitragen. Das Büro schlägt außerdem vor, bei der Neuentwicklung von Medikamenten nicht nur die therapeutische Wirkung im Blick zu haben, sondern auch auf möglichst geringe unerwünschte Umweltwirkungen zu achten. Sinnvoll sei außerdem, das bestehende Pharmakovigilanzsystem für Humanarzneimittel, das an einer zentralen Stelle die medizinischen Nebenwirkungen erfasst, mit einem umfassenden Umweltinformationssystem zu ergänzen.
Die Bevölkerung soll zur sachgemäßen Entsorgung von Altarzneimitteln aufgeklärt werden – eine Aufgabe, die die Apotheken gut erfüllen können und auch jetzt schon erfüllen. Leider gibt es bereits seit 2009 kein einheitliches Entsorgungssystem mehr, weil sich die Verbände der pharmazeutischen Industrie weigern, die Kosten dafür zu tragen. Vielleicht findet sich in der neuen Bundesregierung mit Beteiligung der Grünen ein offenes Ohr für die Forderungen der Apotheker nach einer Wiederaufnahme des flächendeckenden Sammelsystems für Altarzneien.
Umweltverbände wie der BUND fordern ein Zulassungsverbot, ein Werbeverbot sowie die Verschreibungspflicht für nachgewiesen umweltschädliche Arzneistoffe.