Migränebehandlung auf dem neuesten Stand |
Wer häufig unter Migräneattacken leide, stark eingeschränkt sei oder Gefahr laufe, zu häufig Akutmedikamente anzuwenden, benötige eine individuell angepasste Prophylaxe, erläuterte Dr. Gudrun Goßrau, Neurologin in der Kopfschmerzambulanz der Uniklinik Dresden, bei der virtuellen Pressekonferenz. Die bisherige Praxis, eine Prophylaxe nach sechs bis neun Monaten zu überprüfen und maximal zwölf Monate durchzuführen, soll laut der aktualisierten Leitlinie nicht mehr so streng befolgt werden wie bisher. Stattdessen empfehlen die Autoren, eine vorbeugende Therapie immer von der Schwere und Dauer der Erkrankung abhängig zu machen. Zudem sollen persönliche Faktoren wie die Lebensphase, soziale Gegebenheiten und psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Angsterkrankungen in die Evaluation zur Prophylaxedauer mit einbezogen werden.
Dies bedeute beispielsweise, dass jemand, der unter hochfrequenter Migräne (mehr als acht Anfälle pro Monat) und gleichzeitig unter einer Depression leide, eine medikamentöse Prophylaxe über mindestens 12 und bis zu 24 Monate erhalte, so Goßrau. Eine Reduktion der Anfallshäufigkeit von 30 bis 50 Prozent sei dann anzustreben. Patienten, die weniger als acht Attacken pro Monat erleben und bei denen keine relevante Komorbidität vorliegt, könnte eine Prophylaxe über sechs bis zwölf Monate ausreichen und eine Halbierung der Anfälle sollte ein anzustrebendes Ergebnis sein. »Die Therapie wird individueller auf den Patienten zugeschnitten«, fasste Jürgens, der auch Präsident der DMKG ist, zusammen.
Neben den unspezifischen Medikamenten zur Migräneprophylaxe stehen bereits drei CGRP (-Rezeptor)- Antikörper zur Prophylaxe zur Verfügung: Galcanezumab, Fremanezumab und Erenumab (Aimovig®). Seit 2022 ist ein vierter Antikörper, Eptinezumab (Vyepti®), auf dem Markt erhältlich. Er wird nicht subkutan wie die anderen drei verabreicht, sondern intravenös. Die therapeutischen Wirkstoffspiegel werden daher schnell erreicht. Es ist möglich, bei fehlendem Ansprechen auf einen Antikörper zu einem anderen zu wechseln.