Nutzen von Heilpilzen unklar |
Einige Forschungen beziehen sich auf bestimmte isolierte Inhaltsstoffe. Zu diesen Verbindungen gehören die Erinacine und Hericenone aus Hericium erinaceus, Cordycepin aus Ophiocordyceps sinensis sowie das Glucan Lentinan aus dem Shiitake-Pilz. H. erinaceus besticht durch sein ausgefallenes Aussehen. Daraus entstanden Bezeichnungen wie Affenkopfpilz, Löwenmähne oder Igel-Stachelbart. Interessant für die neurologische Gesundheit sind die aus der Löwenmähne extrahierten Verbindungen Erinacine und Hericenone. Sie stimulieren die Freisetzung von Nervenwachstumsfaktor (NGF) in Rattengehirnen und im Zellversuch. Möglicherweise könnte sich daraus ein Therapieansatz für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer ableiten lassen.
Cordycepin aus O. sinensi ist im Zell- und Tierversuch gut untersucht. Tiermodelle zeigen, dass gereinigtes Cordycepin zahlreiche potenzielle therapeutische Wirkungen hat. Darunter sind antineoplastische, analgetische, antiinflammatorische und neuroprotektive Effekte. Weiterhin wirkt sich die Substanz günstig auf Atemwegs- und Herzerkrankungen sowie auf Stoffwechselstörungen aus. Wie und ob Cordycepin im Menschen wirkt, müssen klinische Studien zeigen. Lentinan konnte als Adjuvans bei Mäusen, denen ein Impfstoff gegen Hepatitis B injiziert worden war, die Produktion von Antikörpern anregen. Im Zellversuch zeigte sich, dass Lentinan die Zellen des Immunsystems dazu bringen kann, Krebszellen und mit Viren infizierte Zellen anzugreifen. Aus Japan liegen einige Humanstudien vor, die lentinanhaltige Zubereitungen als adjuvante Krebstherapie untersuchen. Die Evidenz für die Wirksamkeit ist aber noch gering. Zu beachten ist, dass die Substanz bei oraler Einnahme nicht gut bioverfügbar ist.
Die Wirkungen von einzelnen, isolierten Verbindungen lassen sich nicht zwangsläufig auf den Verzehr ganzer Fruchtkörper oder von Zubereitungen aus getrocknetem Pilzpulver übertragen. So lässt sich aus dem immunologischen Effekt, der auf die Injektion von Zellwandpolysacchariden aus L. edodes bei Mäusen erfolgt, nicht darauf schließen, dass ein Shiitake-Tee ebenso effektiv ist. Bislang liegen für die meisten Pilze vor allem in vitro und tierexperimentelle Studien vor. Professor Dr. Nicholas P. Money, Experte für Mykologie an der Fakultät für Biologie der Universität Miami, untersuchte verschiedene Heilpilze 2016 in einem Review. Sein Fazit ist ernüchternd: Es lasse sich bisher lediglich mit Sicherheit sagen, dass Extrakte aus Shiitake, Lingzhi und Co. Zellen in Gewebekulturversuchen stimulieren können.
Da die Hersteller von NEM keine Studien durchführen müssen, untersuchen sie in der Regel die von ihnen eingesetzten Extrakte und Pulver nicht systematisch. Nicht nur die Wirkungen sind daher ungewiss, sondern ebenso das Nebenwirkungsprofil. Dass die Anwendung nicht grundsätzlich unbedenklich ist, zeigen zum Beispiel Hautreaktionen durch Shiitake, bekannt als Shiitake-Dermatitis. Weiterhin ist die Reinheit der Pilzpulver zu bedenken. Eine mögliche Kontamination mit Schimmel oder Bakterien ist nicht auszuschließen. Produkte mit hochpreisigen Pilzen können mit Bestandteilen von billigeren Pilzen oder Füllstoffen gestreckt werden. Es muss also gerade bei Präparaten aus dem Internet nicht immer das darin sein, was deklariert ist. Bei Ling Zhi ist grundsätzlich zu hinterfragen, um welchen Pilz es sich im Einzelfall handelt, da verschiedene Arten unter diesem Namen verkauft werden.