Penicillin-Allergie ist oft keine |
Bei einer ausführlichen Untersuchung, oft schon durch die Erhebung der Anamnese, stellten sich die vermeintlichen Allergiesymptome als Nebenwirkungen heraus. »Bei der Mehrzahl der Fälle werden pharmakologische Antibiotikanebenwirkungen, wie Übelkeit oder Durchfall, als Allergien fehlinterpretiert. Auch Virusinfektionen können Exantheme verursachen oder eine Urtikaria triggern«, sagte Klimek, der auch Präsident des AeDA ist. Der zeitliche Abstand zwischen der Arzneimitteleinnahme und den Nebenwirkungen sei ein wichtiger Hinweisgeber. »IgE-vermittelte allergische Sofortreaktionen treten innerhalb von einer Stunde (selten bis zu sechs Stunden) nach Einnahme von Betalactam-Antibiotika auf und manifestieren sich als Urtikaria, Angioödem oder sogar Anaphylaxie bis hin zum anaphylaktischen Schock. T-Zell-vermittelte Spätreaktionen jedoch, die nach mehreren Stunden bis einigen Tagen auftreten, zeigen sich meistens als unkomplizierte makulopapulöse Exantheme.«
In der Praxis stelle sich die Situation viel vager dar, schilderte Klimek. Oft liege der Anlass für den Allergieverdacht bereits Jahre zurück. Die Patienten könnten nicht angeben, wie lange die Hautveränderungen bestanden, welches Krankheitsgefühl sie hatten, ob die Schleimhaut mit betroffen war, ob es Blasen gab, wie viele Minuten oder Tage nach der Einnahme es zu den Hautveränderungen kam und ob Begleitreaktionen wie Luftnot oder Schwindel bestanden. Deshalb forderten Dickel und Klimek die allergologische Abklärung aller Penicillin-Verdachtsfälle, und zwar in jeder Altersstufe und am besten innerhalb eines Jahres nach der Reaktion. Das gelte vor allem für Sofortreaktionen, weil »spezifisches IgE auf Betalactam-Antibiotika bei einem Großteil der Patienten rasch negativ im Zeitverlauf werde. Das ist nicht gleichbedeutend mit einer Toleranz gegenüber dem Allergen, sondern erschwert die Diagnose«. Zusätzlich ein Hemmschuh: In der Notaufnahme von Krankenhäusern werden keine Allergietests durchgeführt und keine Antikörper bestimmt.