Phthalat in Urinproben vielleicht aus Kosmetika |
Welche Substanzen in Kosmetika verwendet werden, ist reguliert. / Foto: Getty Images/Carol Yepes
Das Phthalat MnHexP (Mono-n-hexyl-Phthalat) war kürzlich im Rahmen einer Studie im Urin zahlreicher Menschen gefunden worden. »In unseren ersten, sondierenden Analysen sehen wir einen Zusammenhang zwischen der Belastung mit MnHexP und Kosmetika, darunter insbesondere Sonnenschutzmitteln«, sagte Kolossa vom Umweltbundesamt. »Man sollte nun aber auf gar keinen Fall auf Sonnenschutzmittel verzichten«, warnte sie zugleich. Die Krebsgefahr durch Sonnenstrahlen sei zu hoch. »Unsere Erkenntnisse reichen zu diesem Zeitpunkt nicht für eine Maßnahmenempfehlung«, sagte sie.
Das Uba habe in einer noch laufenden Umweltstudie zur Gesundheit nach neuesten Daten in etwa 37 Prozent der Proben den Metabolit MnHexP entdeckt, sagte Kolossa. Er ist nach Uba-Angaben unter anderem ein Abbauprodukt des nicht zugelassenen Weichmachers DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat). Der fortpflanzungsschädigende Stoff MnHexP sei erstmals 2023 entdeckt worden. Das Uba hatte ihn im Urin Erwachsender nachgewiesen. Experten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) in Nordrhein-Westfalen die Substanz hatten die Substanz in alten Urinproben von Kindergartenkindern gefunden. Der Anteil der mit MnHeP belasteten Proben hatte sich von 26 Prozent (2017/18) auf 61 Prozent (2020/21) erhöht, heißt es einer Mitteilung des Lanuv vom 31. Januar 2024. Die Konzentration bei hochbelasteten Kindern habe sich in etwa verzehnfacht.
Der Stoff DnHexP darf laut Uba in der EU seit 2023 ohne Zulassung grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Zulassungsanträge seien nicht gestellt worden. Nicht auszuschließen sei, dass er in Altlasten oder DnHexP-haltigen Importerzeugnissen stecke. Seit dem Jahr 2013 steht der Weichmacher in der Europäischen Union auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Als Weichmacher sei dieses Phthalat in kosmetischen Mitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und in Spielzeug deshalb nicht mehr zugelassen.
Weichmacher werden Kunststoffen zugesetzt, um diese elastisch zu machen. Phthalate kommen hauptsächlich in der Produktion von Weich-PVC zum Einsatz und sind beispielsweise in Kabeln, Folien, Bodenbelägen oder Sportartikeln enthalten. Aber auch in kosmetischen Mitteln sind sie zu finden. Einige der Substanzen zeigen hormonähnliche und fortpflanzungsschädigende Eigenschaften. Sie werden unter REACH, der europäischen Chemikalienverordnung, als besonders besorgniserregend eingestuft und reguliert. In Babyartikeln und Kinderspielzeug sind bestimmte Phthalate außerdem verboten.
Die Suche nach der Herkunft des Schadstoffs sei eine Detektivarbeit, sagte Kolossa. »Wir haben den Fragebogen in der noch laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit so aufgesetzt, dass wir aufgrund von Hypothesen Fragen stellen.« Aufgrund von Erkenntnissen zu anderen Phthalaten sei unter anderem gefragt worden: »Wie häufig benutzen Sie Sonnenschutzmittel?« Das Uba arbeite eng mit EU-Behörden zusammen, um das Ausmaß des Problems in Europa zu erfassen und Maßnahmen zu ergreifen.
MnHexP sei nach Ergebnissen von Tierversuchen ein fortpflanzungsschädigender Stoff, sagte Kolossa kürzlich. Er wirke vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Stoffe dieser Gruppe könnten aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen, was aus weiteren Tierversuchen hervorgehe. In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, »die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist.«
Die Gesundheitsschädlichkeit sei zudem additiv mit anderen Phthalaten, das heißt die Wirkungen einzelner Phthalate addieren sich zu einer Gesamtwirkung, betonte Kolossa. Endergebnisse der aktuellen deutschlandweiten Studie erwartet sie im nächsten Jahr.
Für viele Substanzen sind Grenz- und Richtwerte festgelegt, vor allem, wenn es um Materialien mit Lebensmittelkontakt geht. Für Verbraucher stellt es sich im Großen und Ganzen schwierig dar, Schadstoffen komplett zu entgehen, da sie in die Nahrungskette gelangen und teilweise über die Luft oder den Kontakt mit Produkten aufgenommen werden. Das Umweltbundesamt empfiehlt im Hinblick auf Weichmacher, sich »abwechslungsreich zu ernähren, Speisen frisch zuzubereiten, wenige Fertigprodukte zu sich zu nehmen, sowie Produktmarken öfter zu wechseln«. Zudem könne das regelmäßige Reinigen von Böden und Teppichen die Aufnahme der Stoffe über Hausstaub verhindern. Kinder sollten nur Spielzeuge verwenden, die für ihr Alter zugelassen sind.
Verbrauchertipps zur Vermeidung der Aufnahme von bestimmten Schadstoffen über Lebensmittel gibt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.