PMS und PMDS im Fokus |
Verena Schmidt |
22.01.2024 11:45 Uhr |
Vor der Regel emotionales Chaos: Viele Frauen leiden körperlich und seelisch, bevor die Regelblutung einsetzt. / Foto: Getty Images/Maria Korneeva
Viele Frauen leiden Monat für Monat stets einige Tage vor Beginn ihrer Regelblutung unter einer ganzen Reihe körperlicher und emotionaler Symptome – bekannt als prämenstruelles Syndrom (PMS). Sie berichten unter anderem von Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Ängstlichkeit und Niedergeschlagenheit. Auch Brustspannen, Blähungen, Kopfschmerzen, Hautprobleme, Appetitveränderungen (wie Heißhungerattacken) und Schlafstörungen beeinträchtigen das Wohlbefinden mitunter enorm.
Sind die Symptome stark ausgeprägt, sprechen Experten von einer prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS beziehungsweise PMDD von englisch Premenstrual dysphoric disorder). Meist stehen dabei die psychischen Beschwerden im Vordergrund, die Betroffenen erleben etwa eine ausgeprägte Depressivität, Reizbarkeit und Wut bis hin zum Kontrollverlust (siehe Kasten). Teilweise ist es den Frauen nicht möglich, ihrem normalen Alltag nachzugehen. Tritt die Regelblutung dann ein, klingen die Beschwerden langsam wieder ab. Spätestens mit Ende der Blutung ist der Spuk dann komplett vorbei – bis er drei Wochen später erneut beginnt.
Für die Diagnose gilt, dass mindestens fünf der genannten Beschwerden auftreten, davon mindestens ein Symptom der ersten vier:
Laut dem Bundesverband der Frauenärzte klagen drei Viertel aller Frauen während ihrer gebärfähigen Zeit über prämenstruelle Beschwerden. Etwa 25 Prozent davon litten unter PMS, bei etwa 2 bis 5 Prozent seien die Beeinträchtigungen so schwerwiegend, dass die Lebensqualität der betroffenen Frauen erheblich eingeschränkt wird. Was genau die Beschwerden verursacht, ist wissenschaftlich nicht genau geklärt. Hauptauslöser ist wahrscheinlich ein Ungleichgewicht der Sexualhormone Estrogen und Progesteron.
Letzteres wird in der zweiten Zyklushälfte gebildet, vor dem Beginn der Regelblutung. Manche Frauen reagieren wohl besonders empfindlich auf die Abbauprodukte von Progesteron, außerdem kann es vermutlich auch zu einer Wechselwirkung von Progesteron mit Neurotransmittern im Gehirn kommen. Dabei wird die Aktivität besonders von Serotonin verändert. Man vermutet bei diesen Frauen eine genetisch bedingte erhöhte Empfindlichkeit gegenüber hormonellen Schwankungen. Und nicht zuletzt werden auch Lebensstilfaktoren wie eine ungesunde Ernährung, Stress, Nikotin- und Alkoholkonsum sowie Schlaf- und Bewegungsmangel mit einem erhöhten Risiko für PMS-Beschwerden in Verbindung gebracht.
Über die Extremform PMDS ist noch nicht allzu viel bekannt. Sie ist seit dem Jahr 2000 als eigenständige Erkrankung anerkannt und wurde 2022 in die aktuelle Version des Handbuchs der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) aufgenommen. Allerdings: Die Einführung der ICD-11 in Deutschland wird wohl noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen, schreibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf seiner Website. Heißt also: Aktuell gibt es in Deutschland noch keinen Diagnoseschlüssel für PMDS.
Dennoch sollten sich Frauen bei belastenden Beschwerden natürlich an ihren Gynäkologen wenden. Eine PMDS von anderen Erkrankungen abzugrenzen, ist tatsächlich gar nicht so einfach. Hilfreich ist es, wenn die Betroffenen sich selbst über eine gewisse Zeit beobachten, am besten über zwei bis drei Monate. Ein Tagebuch, in dem alle psychischen und körperlichen Symptome festgehalten werden, kann dabei helfen, die Beschwerden im Zyklusverlauf einzuordnen.