Schüler unter Druck |
Dass ein gutes Lernumfeld mit emotionaler und intellektueller Unterstützung sowie Begleitung durch die Lehrkräfte die Zufriedenheit der Schüler mit der Schule erhöht, bekräftigt die Robert-Bosch-Studie. Sie beziffert jedoch auch, woran es in deutschen Klassenzimmern fehlt. So berichteten 83 Prozent der Schüler von häufigen Unterrichtsstörungen; 74 Prozent gaben an, dass nicht alle Schüler dem Unterricht zuhören und leise sind, mehr als die Hälfte (58 Prozent) erlebt dies, auch wenn die Lehrkraft spricht.
Die Mehrheit der befragten Schüler und Schülerinnen bewertete die Beziehungsebene zu den Lehrkräften zwar positiv und gab an, von den meisten Lehrkräften gemocht zu werden. Ein Drittel sagte jedoch, dass sich keine oder nur wenige Lehrkräfte um sie kümmern oder ihnen Mut machen, wenn sie eine Aufgabe schwierig finden. Über ein Viertel der Schüler merkte an, dass keine oder nur wenige Lehrkräfte ihnen sagen, was sie besser machen können, wenn sie einen Fehler gemacht haben.
Rückmeldung über bereits Gelerntes, eventuelle Lücken oder Lob erhalten ebenfalls nicht alle Schüler und Schülerinnen. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer berichtete zudem von einem tendenziell negativen Klassenklima, mit Auslachen und Ärgern. Bekannt ist, dass Klassenleitungsstunden, in denen über Probleme sowie Klassenthemen gesprochen werden kann, zum Wohlbefinden beitragen. Mehr als ein Drittel der Befragten hat diese jedoch nie oder seltener als einmal im Monat.
Ausgehend von den Studienergebnissen haben die Autoren konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet, wobei sie drei Punkte im Fokus sehen: schulisches Wohlbefinden steigern, dafür konstruktives Feedback im Unterricht verankern; Schule als Sozialraum denken, wofür Versorgungsstrukturen inner- und außerhalb der Schule ausgebaut werden müssen. Und nicht zuletzt ist ein positives Klassenklima essenziell. Dafür sollten Beziehungsqualität und Gesprächsklima gestärkt werden.
Schulen sollten sich mehr auf das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen konzentrieren, so die Experten. Sie empfehlen, Lernende in alle Entscheidungen des schulischen Zusammenlebens gleichberechtigt einzubeziehen, um einen positiven Kipppunkt, hin zu einer demokratischen Schule, in Gang zu setzen.
Auch die WHO/Europa hält es auf Grundlage ihrer Studienergebnisse für dringend notwendig, koordinierte Maßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen kleinere Klassen, Betreuungsprogramme sowie sozial-emotionales Lernen als Unterrichtsfach. Der steigenden Stressbelastung sollten Schulen durch systematische Ansätze begegnen, indem sie ausgewogene Hausaufgabenregelungen einführen, Lernfähigkeiten fördern und regelmäßige Sprechstunden für Schüler bei Lehrern einplanen. Schulen sollten zudem sicherstellen, dass Lehrer Anzeichen von schulischem Stress erkennen und angemessen darauf reagieren können.