So kommt Qualität in die Rezeptur |
Dr. Julia Potschadel, leitende Klinikapothekerin vom Rheinland Klinikum Dormagen, hält das Vieraugenprinzip in der Rezeptur für unverzichtbar. »Im Prozess ist es wichtig, die Übersicht zu behalten. Prozesse und Verantwortlichkeiten sollten im Qualitätsmanagement festgeschrieben sein. Bei wichtigen Schritten vor allem bei Rechnungen, der Substanzauswahl, kritischen Herstellungsschritten, Endkontrollen und dem Etikett lohnt sich das Vieraugenprinzip. Wenn wir neue Rezepturen entwickeln oder in die Routine übernehmen, arbeiten wir gar mit dem Sechsaugenprinzip.«
Das konnte Dr. Jens-Andreas Münch, Vorsitzender der DAC/NRF-Kommission und langjähriger Apothekeninhaber in Magdeburg, nur bestätigen. »Hier geht es nicht um Misstrauen etwa der rezepturverantwortlichen PTA gegenüber, sondern um Arzneimitteltherapiesicherheit und Qualität in der Rezeptur zum Wohle des Patienten. Erst nach dem Gegencheck erfolgt die Freigabe durch den Apotheker.«
Wie geht man am besten mit Fehlern um, wollte Moderatorin Barisch wissen. »Wichtig ist, einen Fehler rechtzeitig zu kommunizieren, auch dann, wenn nur der Verdacht besteht, dass etwas schiefgelaufen sein könnte. Es muss Vertrauen bestehen: Derjenige, der den Fehler berichtet, soll keine Angst haben müssen, dass er den Kopf abgerissen bekommt«, meinte Professorin Dr. Antje Neubert von der Kinder- und Jugendklinik am Uniklinikum Erlangen und Leiterin der PHArMKid-Arbeitsgruppe, die sich auf pädiatrische Rezepturen spezialisiert hat.
Schließlich gehe es um den Prozess als solchen und um die Patientensicherheit. Daher gelte es, im Team zu analysieren, wie im konkreten Fall Schadensbegrenzung betrieben werden kann. Dann hat die Fehleranalyse Priorität: Wie ist der Fehler demnächst zu verhindern? Welche Maßnahmen braucht es zur Prozessoptimierung? Die interne Kommunikation ist entscheidend, waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig.
Für eine pharmazeutisch einwandfreie Qualität in der Rezeptur ist auch die gute Kommunikation zwischen Apotheke und Arzt vonnöten. Diese ist Potschadel zufolge in einem Klinikum leichter möglich als im niedergelassenen Bereich. »Wir sind ohnehin auf Station, in die digitale Medikation eingebunden und haben guten Zugriff auf Patientendaten und konkrete Ansprechpartner. Uns wird meist gefolgt, wenn wir mit einem konkreten Vorschlag kommen. Wir haben eben die höhere Expertise im Bereich Arzneimittelherstellung.« Dem stimmte Neubert zu: »Das, was an Wissen von den Apothekern und PTA reinkommt, wird von uns sehr geschätzt.«
Ungleich schwieriger stellt sich die Kommunikation zwischen Apotheke/Arzt vor Ort dar. Was auch daran liegt, dass auf Ärzteseite nicht »das unsrige galenisch-pharmazeutische Grundverständnis vorhanden ist. Ärzte haben einen anderen Blickwinkel«, wie Potschadel sagte. Und Münch ergänzte: »Wenn es Probleme gibt, dann meist mit freien Rezepturen. Die Kenntnis der Ärzte bezüglich des DAC/NRF ist ausbaufähig.«
Potschadel, die auch als Rhetorik-Coach öffentliche Apotheken besucht, rät, »einen guten Kanal zum Verordner herzustellen. Hilfreich ist das Vereinbaren fester Uhrzeiten, in denen über Problemfälle telefoniert oder gefaxt wird. Die wertschätzende Kommunikation am besten mit konkreten Empfehlungen muss stimmen. Der Dienstleistungsgedanke sollte im Vordergrund stehen. Den Ärzten klar machen: Wir wollen euch etwas abnehmen und keine Fehler aufs Brot schmieren.«