So wenige Tierversuche wie möglich |
Barbara Döring |
05.03.2025 08:30 Uhr |
Nicht sinnvoll und seit 1998 nicht mehr erlaubt sind Tierversuche für die Entwicklung von Kosmetika. Seit 2009 dürfen in der Europäischen Union zudem keine Kosmetika verkauft werden, deren Bestandteile nach diesem Zeitpunkt im Tierversuch getestet wurden. Das gilt auch für Produkte aus dem Ausland. Bis zum Jahr 2013 gab es hier noch Ausnahmeregelungen, die seitdem nicht mehr gelten. Tiere dürfen zudem grundsätzlich nicht zur Entwicklung von Waschmitteln, Tabakerzeugnissen oder Waffen eingesetzt werden.
In Deutschland hat die »Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen (ZEBET) das Ziel, die Entwicklung von Alternativmethoden zu gängigen Tierversuchen zu fördern. Die Forschung arbeitet intensiv daran, entsprechende Alternativen zu entwickeln. Viele davon haben sich inzwischen als Standardmethoden in der Forschung etabliert. In-Vitro-Methoden beispielsweise ermöglichen die Untersuchung von Zellen aus tierischem oder menschlichem Gewebe außerhalb des Organismus. Beim »Tissue Engineering« versuchen Forscher in Gewebekulturen Teile von Organen außerhalb des Körpers nachzubilden. Ganze Organe wie Herz, Lunge oder Nieren zu züchten, ist bislang jedoch nicht gelungen. Auch das komplexe Zusammenspiel von verschiedenen Organen und Geweben lässt sich außerhalb des Organismus nicht nachvollziehen.
»Nicht invasive Methoden« ermöglichen es zum Beispiel mit bildgebenden Verfahren, Abläufe im Körper auf einem Monitor darzustellen. Sie kommen etwa bei der Erforschung von Gehirnaktivitäten zum Tragen. Ein großer Fortschritt wäre es, alle Funktionen des Körpers in einem Computermodell simulieren zu können. Die Rede ist von »In Silico-Methoden«. Einige Organ- und Zellfunktionen lassen sich so bereits nachbilden und auf diese Weise etwa nachvollziehen, wie lange es dauert, bis der Körper einen Wirkstoff abbaut.
Eine weitere alternative Versuchsmethode ist die »Mikro-Dosierung« beim Menschen. Dabei wird ein Wirkstoff in einer so niedrigen Dosierung verabreicht, dass weder eine schädigende noch heilende Wirkung zu erwarten sind. Es lässt sich jedoch nachvollziehen, wie der Wirkstoff aufgenommen, im Körper verändert und ausgeschieden wird.
Diese und andere Alternativmethoden werden wann immer möglich eingesetzt, können jedoch nicht alle Tierversuche ersetzen. Ein neues Wirkprinzip lässt sich damit beispielsweise nicht erforschen. Zudem können Forschende zwar nachvollziehen, wie sich ein Medikament auf eine Zellkultur auswirkt, nicht jedoch, ob es auch andere Zelltypen beeinflusst oder durch mögliche Abbauprodukte andere Organe schädigt. Ethisch wäre es auch nicht vertretbar, einen neuen Wirkstoff direkt am Menschen auszuprobieren. »Wir nutzen Zellkulturen und Biochips – aber das reicht nicht«, wird Professor Clemens Schmitt vom Max Delbrück Center in Berlin auf der Website »Tierversuche verstehen« – einer Informationsinitiative der Wissenschaft – zitiert. »Wenn präklinische Forschung weniger aussagekräftig wird, weil Tierversuche fehlen, sind die Wirkstoffe in klinischen Studien weniger sicher.«