| Barbara Döring |
| 15.01.2024 08:30 Uhr |
Nicht nur die Ähnlichkeit der Beschwerden mit menopausalen Beschwerden führt dazu, dass eine Hyperthyreose im höheren Alter oft unerkannt bleibt: »Je älter der Mensch, desto weniger Symptome machen sich bei einer Hyperthyreose bemerkbar«, weiß Frank-Raue, Mitbegründerin einer endokrinologisch-nuklearmedizinischen Gemeinschaftspraxis in Heidelberg. So haben Patientinnen über 61 Jahren manchmal gar keine oder nur wenige Beschwerden. »Oft ist es dann nur eine Gewichtsabnahme, die nicht sehr spezifisch ist oder Herzrhythmusstörungen, für die es auch viele andere Ursachen gibt«, schildert die Expertin.
Weil die Problematik so häufig ist, rät Frank-Raue, dass Frauen in der Lebensmitte bei entsprechender Symptomatik ihren Arzt auf eine mögliche Schilddrüsenproblematik ansprechen sollten. Ob eine Störung der Schilddrüse vorliegt, lässt sich über die Bestimmung des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) im Blut feststellen. Der TSH-Wert zeigt an, ob die richtige Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut zirkulieren. Sind es zu wenige, schüttet die Hirnanhangdrüse vermehrt TSH aus, um die Funktion der Schilddrüse zu stimulieren. Erhöhte TSH-Werte weisen demnach auf eine Unterfunktion hin, niedrige Werte auf eine Überfunktion.
Die gesundheitlichen Risiken einer Unterfunktion sind weniger weitreichend als bei einer Überfunktion. Hier besteht jedoch in den Wechseljahren die Gefahr, dass durch die hormonellen Veränderungen die Medikation nicht mehr richtig dosiert ist. »In Deutschland ist eine Hashimoto-Thyreoiditis der häufigste Grund für die Unterfunktion der Schilddrüse«, erklärt Frank-Raue. Bei dieser Autoimmunerkrankung zerstört die körpereigene Abwehr Schilddrüsenzellen, sodass zu wenig Hormone gebildet werden. Betroffene fühlen sich häufig müde, frieren leicht oder haben depressive Verstimmungen. Die Patientinnen erhalten das Schilddrüsenhormon L-Thyroxin (Levothyroxin), das mit dem körpereigenen Thyroxin identisch ist und den Mangel ausgleicht. Zu viel davon kann jedoch den TSH-Wert auf zu niedrige Spiegel senken und so, wie bei einer Überfunktion, das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Osteoporose in die Höhe treiben.
»L-Thyroxin ist häufig zu hoch dosiert, vor allem im höheren Alter«, betont Frank-Raue. So zeigt eine US-amerikanische Studie, dass bei knapp 22 Prozent der Teilnehmer, die L-Thyroxin einnahmen, das Medikament überdosiert und dadurch der TSH-Wert zu stark abgesenkt war. In einer schottischen Studie betraf dies sogar etwa 27 Prozent der Patienten. Warum der TSH-Wert zu tief sinkt, kann verschiedene Gründe haben: Zum einen nimmt die physiologische Produktion von Schilddrüsenhormonen mit zunehmendem Alter ab, sodass eine geringere Dosierung von L-Thyroxin erforderlich ist.
Zum anderen sollte bei älteren Personen die TSH-Konzentration eher im mittleren bis oberen Referenzbereich liegen. »Eine Studie aus den Niederlanden zeigt, dass ältere Menschen physiologisch einen etwas höheren TSH-Spiegel haben«, erklärt Frank-Raue. Insofern sei der häufige Reflex, dass ein leicht erhöhtes TSH eine Unterfunktion bedeute und sofort behandelt werden müsse, bei älteren Patientinnen kontraproduktiv.