Übergewicht der Schwangeren beeinflusst das Kind |
Nicht nur eine Überversorgung mit Energie, auch eine unzureichende Ernährung und in der Folge eine schlechte Versorgung mit wichtigen Nährstoffen kann gravierende Folgen für den Fetus haben. Zum einen können das Wachstum und eine gesunde Entwicklung im Mutterleib gestört sein, zum anderen können im späteren Leben eher Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten. Ein niedriges Geburtsgewicht begünstigt zudem späteres Übergewicht. Das gilt besonders, wenn das Baby nach der Geburt schnell an Gewicht zunimmt. Ob daran ebenfalls epigenetische Veränderungen beteiligt sind, ist noch umstritten.
Auch die ersten Tage nach der Geburt gelten als sensible Phase für spätere Stoffwechselprozesse. Daher kommt dem Stillen eine so wichtige Rolle zu. Denn Muttermilch ist nachweislich die am besten zusammengestellte Säuglingsnahrung und schützt zudem vor Überernährung. Gestillte Kinder haben zudem ein geringeres Risiko, als Erwachsene Übergewicht zu entwickeln.
Neben Unter- oder Überernährung können auch das Klima, Sport, Kontakt mit Allergenen oder Dauerstress die Zellen programmieren und ihre Funktionsweise dauerhaft verändern. Dazu stecken die Forschungen jedoch noch in den Kinderschuhen. Aus tierexperimentellen Studien gibt es allerdings Hinweise, dass gestresste Mütter einen erhöhten Spiegel an dem bei Stress vermehrt ausgeschütteten Hormon Cortisol aufweisen. Wissenschaftler vermuten, dass der erhöhte Cortisolspiegel zu neuroendokrinen, immunologischen und Verhaltensänderungen führen könnte.
Eine kleine Studie untersuchte zehn erwachsene Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft ein extrem belastendes Ereignis zu bewältigen hatten. Tatsächlich zeigten die Nachkommen eine erhöhte Insulinresistenz und erhöhte Körperfettwerte sowie neuroendokrine und immunologische Veränderungen.
In Deutschland ist etwa jedes sechste Kind übergewichtig oder adipös. Unter den elf- bis 13-jährigen sind es sogar 20 Prozent. Das Gewicht der werdenden Mutter und dessen Entwicklung in der Schwangerschaft sind daran offenbar beteiligt. Frauen mit Kinderwunsch sollten am besten schon vor der Schwangerschaft etwas für ihre Gesundheit unternehmen und auf einen gesunden Lebensstil und ein normales Körpergewicht achten. Viel Bewegung und eine ausgewogene, pflanzenbetonte Ernährung mit reichlich Gemüse und Vollkornprodukten helfen dabei.
Schwangere Frauen sollten zudem umfassend aufgeklärt werden, wie wichtig eine angepasste Gewichtsentwicklung für die Gesundheit ihres Nachwuchses ist. So steigt etwa der Tagesbedarf an Energie erst ab dem vierten Monat und bleibt im weiteren Verlauf bei lediglich 200 bis 300 Kilokalorien mehr pro Tag. Eine strenge Diät sollte eine Schwangere allerdings nicht durchführen. Vielmehr hat eine gute Versorgung mit allen Nährstoffen oberste Priorität.
Eine wichtige Schutzmaßnahme ist darüber hinaus das Screening auf einen Gestationsdiabetes. Seit dem Jahr 2012 wird ein Glucosetoleranztest für alle Schwangeren zwischen der 24. und der 28. Schwangerschaftswoche von den gesetzlichen Krankenkassen empfohlen und bezahlt. Tritt ein erhöhter Blutzuckerspiegel auf, lässt er sich häufig bereits durch eine veränderte Ernährungsweise und gezielte Bewegung in den Griff bekommen.
Mit Blick auf nachfolgende Generationen sollte darüber hinaus Ernährungsbildung von klein auf forciert werden. Viel wäre gewonnen, wenn Kindern schon von Anfang an gesunde Ernährung Zuhause, in Krabbelgruppe und Kita sowie in Schule und Mensen erleben könnten. Langfristig würden so die nachfolgenden Generationen seltener ernährungsabhängige Erkrankungen entwickeln. Dabei könnte es auch helfen, wenn gesunde Lebensmittel wie Gemüse und Obst steuerlich begünstigt und Süßigkeiten und Limos mit einer Zuckersteuer belegt würden. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) fordern das schon lange.