Viele junge Menschen von Einsamkeit betroffen |
Auch nach der Pandemie können viele junge Menschen nicht mit dem Gefühl der Einsamkeit umgehen. / Foto: Adobe Stock/leszekglasner
Warum Menschen einsam sind, kann individuell ganz unterschiedlich sein. Grundsätzlich wird Einsamkeit als Zustand definiert, in dem die eigenen sozialen Beziehungen nicht den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entsprechen. Wie viele soziale Beziehungen eine Person jedoch benötigt und wie sie die Qualität dieser Kontakte bewertet, ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Zudem kann Einsamkeit in unterschiedlichen Facetten auftreten. Fehlt zum Beispiel eine enge, vertrauensvolle Beziehung zu einem anderen Menschen, sprechen Experten von emotionaler Einsamkeit. Besteht kein größeres soziales Netz aus Freunden und Bekannten, wird das als soziale Einsamkeit bezeichnet. Bei der kollektiven Einsamkeit mangelt es Betroffenen am Zugehörigkeitsgefühl zu einer größeren gesellschaftlichen Gruppe oder der Gesellschaft insgesamt.
Einsamkeit ist ein negatives und unangenehmes Gefühl, das vielfach schambehaftet ist. Sie wird abgegrenzt von sozialer Isolation, die über die Anzahl der bestehenden Kontakte messbar und objektivierbar ist, sowie vom Zustand des Alleinseins. Anders als Einsamkeit kann Alleinsein als angenehm und erholsam empfunden werden.
In der öffentlichen Wahrnehmung wird Einsamkeit vor allem als Problem älterer und insbesondere hochaltriger Menschen ab 80 Jahren gesehen. Aus Studien ist jedoch bekannt, dass die Gruppe der 17- bis 30-Jährigen ebenso zu den Altersgruppen mit der höchsten Prävalenz für Einsamkeit zählt. Im Sozio-ökonomischen Panel von 2013 beziehungsweise 2017 lag der Anteil der unter 30-Jährigen, die sich zumindest manchmal einsam fühlen, bei etwa 14 Prozent. In der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2 von 2014 bis 2017) gaben 4 Prozent der Teenager zwischen 11 und 17 Jahren an, sich oft oder immer einsam zu fühlen, weitere 28 Prozent fühlten sich manchmal oder selten einsam.
Einen enormen Anstieg verzeichneten Wissenschaftler während der Covid-19-Pandemie. Das sozioökonomische Panel ermittelte einen Anstieg auf 48 Prozent, Jugendliche und junge Erwachsene stellten damit die einsamste Altersgruppe dar. Gleichzeitig stieg die Zahl der jungen Menschen mit psychischen Belastungen und Erkrankungen deutlich an.
Aktuell sind Forscher damit beschäftigt, Daten zur Lage nach der Pandemie zu erheben. Bisher deutet vieles darauf hin, dass die Zahlen weiterhin hoch sind. Für die Studie »Einsamkeit unter Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen nach der Pandemie« wurden 958 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 20 Jahren per Online-Fragebogen befragt. Zusätzlich wurden die Angaben von 1243 Schülern der achten Schulstufe ausgewertet, die an der GLÜCK-Studie teilgenommen hatten. Dabei zeigte sich, fast jeder fünfte ältere Jugendliche und junge Erwachsene fühlt sich stark einsam. Acht von zehn der älteren Jugendlichen fühlen sich moderat einsam. Bei den jüngeren Jugendlichen sind es sieben von zehn.
In der Studie »Health Behaviour in School-Aged Children« gaben 43 Prozent der Brandenburger Schüler an, sich manchmal oder häufiger einsam zu fühlen, 16 Prozent fühlten sich meistens oder immer einsam. In der Studie »Extrem einsam?« für die das Progressive Zentrum, eine Nicht-Regierungsorganisation in Berlin, Tiefeninterviews, Fokusgruppen und eine repräsentative Umfrage mit rund 1000 Jugendlichen zwischen 16 und 23 Jahren ausgewertet hat, fehlte 55 Prozent der Befragten manchmal oder immer Gesellschaft. 26 Prozent gaben an, nicht das Gefühl zu haben, anderen Menschen nah zu sein.