Viele junge Menschen von Einsamkeit betroffen |
Warum sind gerade junge Menschen so häufig von Einsamkeit betroffen? Die Forschung ist hier recht eindeutig. Jede grundlegende Veränderung im Leben ist immer auch ein Risikofaktor für Einsamkeit. In der Zeit des Erwachsenwerdens und im jungen Erwachsenenalter stehen davon besonders viele an. Die Schule wird beendet, eine Ausbildung oder ein Studium begonnen. Junge Menschen ziehen von zu Hause aus und steigen in den Beruf ein. Dazu kommen tiefgreifende psychische Veränderungen und die Identitätsfindung.
Neben den Risikofaktoren, die diese Lebensphase mit sich bringt, können junge Menschen durch individuelle Faktoren zusätzlich belastet sein. So haben Jugendliche aus Haushalten mit finanziellen Einschränkungen, mit nur einem oder keinem Elternteil, arbeitslose Jugendliche und jene mit psychischen Erkrankungen, Diskriminierungserfahrungen oder besonderen Belastungen ein zusätzlich erhöhtes Einsamkeitsrisiko.
Dennoch stehen Freundschaften bei jungen Menschen hoch im Kurs. Aus Studien ist bekannt: Je höher in diesem Alter die Anzahl der Freunde und besonders der engen Freundschaften ist, umso geringer ist die Ausprägung von Einsamkeit. Gleichzeitig ist in dieser Lebensphase aber auch das Ende einer Freundschaft eines der häufigsten Lebensereignisse. Viele können damit umgehen und stehen dem aufkommenden Gefühl der Einsamkeit nicht hilflos gegenüber. In der Studie »Einsamkeit unter Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen nach der Pandemie« wurden 50 verschiedene Strategien zur Bewältigung von Einsamkeit genannt. Am häufigsten suchen Jugendliche den Kontakt zu anderen Menschen.
Kritisch betrachten die Studienautoren, dass emotionsorientierte Strategien, die helfen, negative Gefühle der Einsamkeit zu dämpfen, ebenfalls häufig genannt wurden. Ein emotionsorientierter Umgang sei nicht per se schlecht, denn nicht immer könnten problemorientierte Strategien in die Tat umgesetzt werden. In diesem Fall zu lernen, Einsamkeitserfahrungen als normalen Teil des Lebens zu akzeptieren, sei langfristig sogar hilfreich, um Einsamkeitsgefühle zu verhindern.
Viele der von den Teilnehmern genannten emotionsorientierten Strategien dienten jedoch einer kurzfristigen Symptomreduktion. Würden diese als einzige Strategien angewendet, könne das langfristig zu Problemen führen, wenn es Betroffene davon abhält, aktiv den Kontakt mit anderen Menschen zu suchen.
Dass einige Strategien gegen Einsamkeit weniger wirksam sind, erkennen junge Menschen auch selbst. So gaben in der Studie »Extrem einsam?« 75 Prozent der Jugendlichen an, das Gefühl der Einsamkeit zu ignorieren, aber nur ein Viertel von ihnen empfindet dieses Vorgehen als hilfreich. Ebenfalls 75 Prozent verbringen mehr Zeit online, auf Social Media oder in Onlinespielen. Für knapp die Hälfte ein hilfreiches Vorgehen.
Bei 67 Prozent der Betroffenen führt die Einsamkeit dazu, dass sie mehr über sich selbst nachdenken. Der Anteil jener, die das hilfreich finden, liegt mit 43 Prozent relativ hoch. Allerdings vermuten die Studienautoren, dass sich diese Gedanken vor allem um Schuld und Selbstoptimierung drehen, was langfristig zusätzlichen Druck erzeugen könne. Weniger als die Hälfte der jungen Betroffenen versucht der Einsamkeit durch professionelle Hilfe zu entkommen. Mit mäßigem Erfolg: Nur ein Drittel derjenigen, die sich Unterstützung gesucht haben, bezeichnet das als hilfreich.