Von der Infektion zur Myokarditis |
Verena Schmidt |
23.01.2025 16:00 Uhr |
Mediziner unterscheiden grundsätzlich drei Verlaufsformen: Die subklinische Myokarditis wird oft vom Betroffenen gar nicht bemerkt. Zellverluste und fibrotische Gewebeveränderungen sind örtlich begrenzt und die Entzündung heilt in der Regel ohne Komplikationen und Folgeschäden aus. Bei der klassischen akuten Myokarditis wird mehr Gewebe zerstört und die Herzfunktion ist beeinträchtigt. Bleiben die Entzündungsvorgänge im Herzgewebe über längere Zeit aktiv bestehen, entwickelt sich die akute zur chronischen Myokarditis. Es drohen Herzschäden und eine zunehmende Herzschwäche – die Pumpleistung des Herzens ist eingeschränkt, die Patienten fühlen sich schwach und nicht leistungsfähig.
Besteht der Verdacht auf eine Herzmuskelentzündung, sind verschiedene Untersuchungen angezeigt, um diese abzuklären. Der Arzt wird wahrscheinlich zunächst ein EKG veranlassen, um beispielsweise Herzrhythmusstörungen zu erkennen. Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie) kann ein Kardiologe die Pumpleistung des Herzens beurteilen – die Herzkammern pumpen bei Myokarditis oft weniger Blut in den Körper als im gesunden Zustand. Mithilfe der kardialen Magnetresonanztomografie können Schäden des Herzmuskels oder Funktionsstörungen der Kammern schnell erkannt werden.
Bei der Blutuntersuchung liefern etwa erhöhte Werte des C-reaktiven Proteins (CRP) und der Leukozyten Hinweise auf eine Entzündung. Weitere Biomarker können eine Herzschädigung anzeigen, unter anderem die Creatinkinase (CK) und deren Isoform CK-MB, die vor allem im Herzmuskel vorkommt, sowie das Protein Troponin T. Es ist Bestandteil des Herzmuskelgewebes. Stirbt dieses ab, gelangt Troponin ins Blut und ist dort nachweisbar.
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Das Coronavirus scheint häufiger als andere Viren eine Myokarditis auszulösen. Bis zu 30 Prozent der schwer erkrankten Patienten leiden nach einer Covid-19-Erkrankung unter anhaltenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen des Herzens. Eine Studie konnte beispielsweise zeigen, dass eine Herzmuskelentzündung nach einer Coronainfektion fast dreimal häufiger auftrat als nach einer Infektion mit Influenzaviren. Wie genau SARS-CoV-2 das Herz schädigt, ist bislang allerdings noch nicht gänzlich geklärt.
Untersuchungsdaten erhärten inzwischen den Verdacht, dass das Coronavirus Schäden direkt am Herzen verursachen kann. Es nutzt unter anderem das Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE2) zum Eintritt in Gewebe des Nasen-Rachen-Raums. Auch im Herzen findet sich ACE2 – was zumindest teilweise die erhöhte Anfälligkeit für Herzmuskelentzündungen erklären könnte.
Auch bei einem milden Verlauf erhöht Covid-19 das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen langfristig. Das zeigt eine 2022 in »Nature Medicine« veröffentlichte Studie. Dafür hatten die Autoren Gesundheitsdaten von mehr als 150.000 US-Veteranen ausgewertet, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert hatten. Sie hatten bis zu zwölf Monate nach der Infektion im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, darunter zerebrovaskuläre Störungen, Herzrhythmusstörungen, ischämische und nicht ischämische Herzerkrankungen, Perikarditis, Myokarditis, Herzinsuffizienz und thromboembolische Erkrankungen.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.