Warum manche Männer eine schüchterne Blase haben |
Die Blase drückt und dennoch stockt es am Pissoir. Ein Fachmann erklärt, warum dahinter die Psyche steckt.
Viele Männer dürften das kennen: Obwohl die Blase drückt, können sie am Pissoir nicht loslassen, wenn jemand direkt neben ihnen steht. Laut Maaß liegt das daran, dass wir zum Wasserlassen eine Entspannung des Blasenschließmuskels benötigen. Und die erreiche man nur, wenn man selbst einigermaßen entspannt ist. »Nun ist es am Pissoir eine recht intime Lage, weil man sein Geschlechtsorgan in die freie Luft bewegt. Und wenn jemand neben einem auch pinkelt, kann das diese Intimität stören.«
Wird man dann angespannt, gehe häufig ein Gedankenkarussell los, erklärt Maaß der Nachrichtenagentur dpa. Man frage sich: »Jetzt stehe ich hier schon eine Weile und kann gar nicht pinkeln. Und der neben mir denkt jetzt vielleicht schon, warum der am Pissoir steht und gar nicht pinkelt?« Dadurch werde man noch angespannter und es werde noch schwieriger, den Blasenmuskel zu lockern.
Maaß: »Man kann das als kleine mentale Blockade betrachten. Mentale Blockaden im eigentlichen Sinne entstehen oft in ausgereiften Drucksituationen. Etwa, wenn man in einer Prüfung Gedanken ans Versagen bekommt und darum blockiert: Man steht in einer Bewertungssituation und funktioniert nicht mehr – die Situation am Pissoir weist da durchaus Parallelen auf.«
Es könne der Gedanke sein, dass man quasi seine Leistung am Pissoir gerade nicht bringt, während der Nebenmann problemlos laufen lässt. Dazu glaubt man vielleicht noch, dass man gerade andere aufhält, die hinter einem warten. Das sorge für Druck, aber bei manchen auch für Angst- und Schamgefühle, so Maaß.
Wobei an sich nichts Schamhaftes dabei ist, wenn man Ruhe und Raum zum Pinkeln brauche. Das könne man ja locker ansprechen, so würde man denken. Aber es scheint nicht so einfach zu sein. Im Grunde ist es laut Maaß ein harmloses Thema, über das wenig gesprochen wird, weil es so schambehaftet ist.
Wenn sich das Ganze zu einer ausgewachsenen Angststörung ausweitet und zu massivem Leiden führt, spricht man von einer sogenannten Paruresis (umgangssprachlich »Schüchterne Blase«, d. Red.). Hier kann eine Psychotherapie helfen.