Wenn es klingelt, summt und piepst |
Barbara Döring |
04.09.2023 15:00 Uhr |
Die unterschiedlichen Geräuscheindrücke bei Tinnitus kommen nicht aus der Umwelt. / Foto: Adobe Stock/Africa Studio
»Meine Ohren sausen und brausen Tag und Nacht fort«, so beschrieb der 30-jährige Beethoven Anfang des 19. Jahrhunderts seine Ohrgeräusche, die den Komponisten neben der Schwerhörigkeit schon in jungen Jahren begleiteten. Bis heute ist die Ursache seiner Hörprobleme nicht geklärt und zu den erfolglosen Therapieoptionen zählte damals unter anderem Mandelöl. Ebenso fragwürdig sind viele Methoden, die heute zahlreich beworben werden. Zwar ist nach wie vor nicht genau geklärt, wie und warum die Störgeräusche entstehen. Doch es gibt inzwischen immerhin gute Möglichkeiten, besser mit dem Tinnitus zurechtzukommen.
Mehr als 200 Jahre nach Beethovens Tod ist das Phänomen der Ohrgeräusche nicht Geschichte, sondern im Gegenteil weit verbreitet. Ob akut oder chronisch: Jeder Vierte hatte schon einmal in seinem Leben ein Fiepen, Klingeln oder Pfeifen im Ohr, das von keiner externen Schallquelle stammte. Manche kennen es von einem lauten Konzert: Oft bleiben in den Stunden danach Geräusche noch lange zurück, als könnte das Gehör nach der Anstrengung nicht gleich wieder abschalten. Doch es muss nicht unbedingt ein lautes Ereignis sein, das die Ohren klingeln lässt. Manchmal kommt ein Ton aus heiterem Himmel, schleicht sich immer stärker in die Wahrnehmung und ist nach ein paar Sekunden oder Minuten auch schon wieder verschwunden.
Die Geräuscheindrücke bei Tinnitus können sich sehr unterschiedlich äußern. Manche nehmen ein hohes Pfeifen oder Klingeln wahr, anderen macht eher ein tiefes Summen oder Brummen zu schaffen. So spricht man auch vom »Ohrenklingeln« oder »Ohrensausen«. Der Begriff Tinnitus stammt vom lateinischen Wort »tinnire«, was so viel bedeutet wie klingeln oder klimpern. Manche Betroffene haben eher den Eindruck, die Töne entstehen im Kopf, ein anderes Mal scheinen sie aus der Umgebung zu kommen. Ob die störenden Geräusche laut sind oder leise – für andere sind sie nicht zu hören. Deshalb spricht man auch von »subjektivem« Tinnitus. Nur selten kann der Arzt sie von außen etwa mit dem Stethoskop wahrnehmbar, wenn zum Beispiel eine Gefäßverengung Strömungsgeräusche des Bluts verursacht. Dann ist von einem »objektiven« Tinnitus die Rede.
Tinnitus kann verschiedene Ursachen haben. »Das Geräusch kann durch eine Entzündung im Mittelohr entstehen, durch eine Nervenentladung bei Erkrankungen des Hörnervs oder wenn die Sinneszellen im Innenohr geschädigt sind«, erklärt Professor Dr. Thomas Lenarz, Direktor der HNO-Klinik des Deutschen HörZentrums der Medizinischen Hochschule Hannover. Neben Lärmbelastung und Durchblutungsstörungen sind auch Bluthochdruck, ein Hörsturz oder eine Schilddrüsenerkrankung mögliche Auslöser. Zudem sind bestimmte Medikamente wie manche Antibiotika, Krebsmittel oder Nierenmedikamente potenziell schädlich für die Sinneszellen.