Wie eine Klopftherapie wirkt |
Eine nicht zu unterschätzende Rolle in der Wirkung von Klopftechniken spielt vermutlich auch die Haut. Sie ist in der Lage, neutrale und beruhigende Informationen direkt an das Gehirn zu übermitteln. Die Stimulation freier Nervenendigungen wirkt unmittelbar auf Bereiche des limbischen Systems. Aus der Haptikforschung ist bereits bekannt, dass Selbstberührungen eine wichtige Rolle in der Emotionsregulierung spielen. So konnte nachgewiesen werden, dass jeder Mensch 400- bis 800-Mal pro Tag sein Gesicht berührt. Dies geschieht zumeist völlig unbewusst und nimmt zu, wenn wir unangenehmen Situationen ausgesetzt sind.
Diese Abläufe lassen sich auch im EEG nachvollziehen. Werden Probanden unangenehme Geräusche vorgespielt, zeigen sich kurz vor der Berührung des Gesichts in den Hirnströmen typische Muster von emotionaler Dysregulation und Konzentrationsschwierigkeit. Kurz nach der Berührung des Gesichts nehmen Gehirnwellen zu, die auf emotionale Ausgeglichenheit und Konzentrationsfähigkeit hindeuten. Spontane Selbstberührungen treten bereits bei Föten im Mutterleib auf. Im Ultraschall beobachteten Wissenschaftler, dass sich Ungeborene häufiger im Gesicht berühren, wenn die Mutter besonders gestresst ist. Die Forscher nehmen an, dass dies eine erste Form der emotionalen Selbstregulation ist, die sich auch in einem Rückgang der Herzfrequenz der Babys äußert.
Ein wichtiger Aspekt der Klopftechnik ist zudem die Selbstwirksamkeit. Patienten erleben, dass sie ihren Gefühlen nicht hilflos ausgeliefert sind. Aktiv etwas unternehmen zu können, aktiviert wiederum die Dopaminausschüttung, was Antrieb und Motivation steigert. Und nicht zuletzt setzt der Hautkontakt beim Klopfen auch Oxytocin frei, das Stress reduziert und Ängste mindert.
Nicht jedes unangenehme Gefühl erfordert eine Therapie. Klopftechniken können auch in der Selbsthilfe angewendet werden, Anleitungen dazu finden sich in entsprechender Literatur und YouTube-Videos. Laut Michael Bohnes Ratgeber »Bitte klopfen. Anleitung zur emotionalen Selbsthilfe« bietet das Klopfen eine Hilfestellung, um mit Prüfungs- und Versagensängsten, Scham- und Schuldgefühlen, Selbstvorwürfen, Stress, Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Ärger und Wut besser umzugehen.
Auf seiner Website rät Bohne, sich bei unangenehmen Emotionen folgende Frage zu stellen: Hat die Emotion eine Funktion? Regt sie mich zu einer Handlung an, die gut für mich ist, oder behindert sie mich vielmehr in meinem Tun und Sein? Ist das Gefühl nicht oder nicht mehr sinnvoll, könne man ihm mit der Klopftechnik begegnen. Eine positive Veränderung der Gefühle sei bereits nach wenigen Minuten wahrnehmbar, spätestens nach einer Viertel- bis halben Stunde.