Wie wird die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte behandelt? |
Die erste Herausforderung nach der Geburt ist die Ernährung des Neugeborenen, denn es kann nicht saugen, weder aus der Brust noch aus der Flasche. Dadurch, dass das Gaumensegel Mund und Nase nicht voneinander trennt, kann im Mund kein Unterdruck und damit kein Sog entstehen. Deshalb müssen die Eltern dem Säugling die Milch in kleinen, wohlportionierten Schlucken einflößen. Das erfordert viel Zeit und Aufmerksamkeit, denn anders als beim Stillen kann das Baby hierbei nicht nahezu gleichzeitig atmen und saugen – es braucht viele kleine Atempausen und schluckt überdies häufiger Luft. Nach der ersten Operation sei es aber immer noch möglich, das Baby zu stillen, betont Koch. Er rät betroffenen Müttern, die gern stillen möchten, Milch abzupumpen. »So kann das Baby Muttermilch trinken, die ihm guttut, und die Option des Stillens zu einem späteren Zeitpunkt bleibt gewahrt.«
Auch die Atmung verläuft bei Babys mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte anders, denn die Luft, die sie einatmen, gelangt von den Nasenlöchern direkt in die Mundhöhle. Die unvollständige oder fehlende Nasenpassage hat überdies eine Schlüsselfunktion bei Infektabwehr, Reinigung, Anfeuchtung und Erwärmung der Atemluft, sodass sich bei betroffenen Babys schneller Infekte einstellen. Eine weitere Herausforderung ist das Hören: Kinder, die mit einer Gaumenspalte geboren werden, leiden häufig unter Mittelohrproblemen, denn die Gaumenmuskulatur ist maßgeblich daran beteiligt, dass Luft ins Mittelohr gelangt und Sekrete aus dem Mittelohr hinauskommen.
Die Behandlung einer Spaltbildung beginnt meist schon in den ersten Lebenstagen und im Idealfall durch ein Team verschiedener Fachärzte, die eng zusammenarbeiten. Bis zum Abschluss des Wachstums braucht es in der Regel eine kontinuierliche Betreuung – dann aber »sind die Ergebnisse meist sehr gut«, berichtet Fachchirurg Koch.
Welche Behandlungsschritte in welcher Reihenfolge und zu welchem Zeitpunkt durchgeführt werden, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem die Art der Spaltbildung, der Ausprägungsgrad und der allgemeine Gesundheitszustand des Kindes. Zu den ersten Behandlungsschritten gehört so gut wie immer das Anpassen einer Gaumenplatte, auch »Trinkplatte« genannt. Sie trennt Nasen- und Rachenraum voneinander und soll das Wachstum der fehlausgeformten Kiefer- und Gaumensegmente korrigieren. Zudem regelt sie die Zungenlage und wirkt sich so positiv auf Atmung, Lautbildung und auf die Kieferentwicklung aus. Neugeborene gewöhnen sich meist schnell und problemlos an eine Gaumenplatte. Sie wird so lange getragen, bis der Gaumen operativ verschlossen wird.