Zurück zur Natur |
Hinter den Empfehlungen steckt eine große Skepsis und Kritik gegenüber der Lebensmittel-verarbeitenden Industrie. Damit ähnelt Clean Eating in vielem dem Konzept der Vollwert-Ernährung, die ebenfalls auf naturbelassene, frische und schonend zubereitete Lebensmittel setzt. Clean Eating kommt allerdings deutlich moderner daher. Das wird schon an den Begrifflichkeiten deutlich. So gibt es beispielsweise Overnight Oats statt über Nacht eingeweichtes Frischkornmüsli. Die Protagonisten von Clean Eating wirken sportlich-attraktiv und damit ganz anders als die ersten Gesundheitspioniere der Vollkornkost.
Entwickelt wurde die Idee in Kanada von der ehemaligen Bodybuilderin Tosca Reno. Sie veröffentlichte 2007 erstmals das Clean-Eating-Konzept. Seither verbreitete es sich rasch in viele Länder, wo Prominente, YouTube-Stars, Lifestyle-Magazine und Buchautoren die Gedanken aufgriffen und im großen Stil vermarkteten. Dabei bildeten sich verschiedene Auslegungen heraus. Manche verzichten komplett auf Getreide, andere auf tierische Produkte. Es gibt sehr strenge Verfechter und solche, die die Prinzipien eher locker in die Praxis umsetzen.
Noch vor 100 Jahren dürften die meisten Hausfrauen ihre Familie vermutlich im Sinne von Clean Eating versorgt haben, da es kaum vorgefertigte Lebensmittel zu kaufen gab und für die Konservierung nur wenige Hilfsmittel zur Verfügung standen. Allerdings wurden auch früher schon beispielsweise Backtriebmittel, Verdickungsmittel oder Konservierungsstoffe eingesetzt. Seither aber haben Zusatzstoffe tatsächlich erheblich zugenommen und die Lebensmittelherstellung wurde zunehmend industrialisiert.
Bei Clean Eating geht es nicht in erster Linie um Gewichtsreduktion – selbst, wenn viele an Gewicht verlieren werden, wenn sie weitgehend beispielsweise auf Fertigpizzen, Süßigkeiten und Alkohol verzichten. Clean Eating ist als langfristige Ernährungsweise gedacht, als Lebensstil, der nicht nur die Ernährung, sondern auch Sport und Bewegung sowie einen aufmerksamen Umgang mit sich selbst einschließt.
Der Anspruch von Clean Eating ist sehr hoch und oft gar nicht umsetzbar. Den Vorreitern des Konzepts ist dies bewusst. Deswegen empfehlen sie, auch einmal ein »ungesundes« Lebensmittel zu akzeptieren, wenn es anders nicht geht.