Arzneimittel in der Tierhaltung |
Der früher praktizierte Einsatz von Antibiotika in der Tiermast als sogenannte Leistungsförderer für eine bessere Futterverwertung und damit ein schnelleres Erreichen des Schlachtgewichtes ist seit dem Jahr 2006 EU-weit verboten. Die extra für diesen Zweck zugelassenen Arzneimittel spielen heute keine Rolle mehr, doch der Verbrauch an Antibiotika ist nach 2006 trotzdem nicht zurückgegangen. Denn die Landwirte begannen, mit für therapeutische Zwecke zugelassenen Antibiotika in subtherapeutischen Dosen versetztes Mischfutter zu verfüttern, um die Mastergebnisse zu verbessern. Diese Praxis führte bekanntermaßen zur Entstehung einer ganzen Reihe von resistenten nosokomialen Keimen.
Im Jahr 2018 legten das Europäische Parlament und der Rat in einer Verordnung fest, dass die Anwendung von Tierarzneimitteln, speziell von Antibiotika, in Anbetracht der bekannt gewordenen bakteriellen Resistenzen stärker reglementiert werden muss. Neu zugelassene Tierarzneimittel sollen eine Umweltprüfung durchlaufen, bei der neben den Emissionen im Herstellungsprozess auch die Auswirkungen der Metaboliten auf den Boden und das Wasser berücksichtigt werden. Eine Überwachungsliste für Oberflächengewässer soll kritische Wirkstoffe und ihre Auswirkungen auf die Umwelt unter Beobachtung stellen. Ein Meldesystem erfasst umweltrelevante Vorfälle bei der Verabreichung von Tierarzneimitteln. Eine EU-weite Pharmakovigilanz-Datenbank sammelt unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit Tierarzneimitteln.
Antimikrobielle Tierarzneimittel sollen nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abschätzung eine Zulassung erhalten. Die Verordnung fordert außerdem einen umsichtigen Einsatz antimikrobieller Wirkstoffe und die Vermeidung ihrer routinemäßigen prophylaktischen Anwendung. Bestimmte (Reserve-)Antibiotika sollen künftig ausschließlich der Verwendung am Menschen vorbehalten sein.
Seit dem 28. Januar 2022 gilt in Deutschland das neue Tierarzneimittel-Gesetz (TAMG), das die Forderungen der Europäischen Union in nationales Recht umsetzt. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft erkennt jedoch in dem Gesetz hinsichtlich der Minimierung des Einsatzes von Antibiotika einen deutlichen Nachbesserungsbedarf, verspricht aber gleichzeitig, daran zu arbeiten. So fehlt zum Beispiel noch eine europaweit gültige Liste der Reserve-Antibiotika, deren Einsatz der Humanmedizin vorbehalten bleibt.