Arzneimittel kindgerecht dosieren |
Die von der EU 2007 geschaffenen Anreize, die Medikamentenversorgung von Kindern verbessern zu wollen, laufen allerdings ins Leere, prangert der BPI an. In der Tat: Die Hoffnungen, die Pädiater und Arzneimittelhersteller in die EU-Kinderarzneimittelverordnung und vor allem den sogenannten PUMA-Prozess gesetzt hatten, wurden nur ansatzweise erfüllt. Lediglich sechs PUMA-Arzneimittel sind bislang in den Markt eingeführt worden. PUMA, die Paediatric Use Marketing Authorization, ist dazu gedacht, in einem vereinfachten Verfahren bereits existierende Medikamente im Nachhinein nach einer genauen Prüfung der bisherigen Anwendung auch für Kinder zulassen zu können, etwa in einer kindgerechten Darreichungsform oder in einer anderen Indikation als für Erwachsene. Den pharmazeutischen Unternehmen winkt als Anreiz für das neu zugelassene Kinderarzneimittel ein zehnjähriger Unterlagen- und Vermarktungsschutz. Doch was eigentlich gut gedacht war, wird durch andere Regelungen konterkariert, sodass sich für pharmazeutische Unternehmen PUMA-Zulassungen kaum lohnen.
Und das sind die sechs Präparate, die in den zurückliegenden vierzehn Jahren eine PUMA-Zulassung erhalten haben: Midazolam (Buccolam®) zur akuten Krampfkontrolle bei epileptischen Kindern, Propranolol (Hemangiol®) zur Therapie des infantilen Hämangioms, Glycopyrroniumbromid (Sialanar®) zur Behandlung übermäßigen Speichelflusses (Sialorrhö) aufgrund neurologischer Grunderkrankungen, Hydrocortison (Alkindi®) für Kinder mit einem Cortisonmangel aufgrund einer Nebennierenrindeninsuffizienz, Melatonin (Slenyto®) zur Behandlung von Insomnien bei kindlichen Entwicklungsstörungen und Vigabatrin (Kigabeq®) zur Behandlung infantiler Spasmen bei Kindern mit speziellen Epilepsieformen.
Für die Akzeptanz der Therapie bei Kind und Eltern ist es wichtig, dass der Wirkstoff in eine altersgerechte Arzneiform verpackt ist. Bei kleinen Kindern bieten sich flüssige Zubereitungen wie Säfte, Tropfen oder Lösungen an, weil sie diese besser schlucken können als Kapseln, Tabletten oder Dragees. Das Problem: Die Maskierung des oft bitteren Eigengeschmacks vieler Arzneistoffe stellt besonders in flüssigen Arzneiformen eine Herausforderung dar, wohingegen bei festen Arzneiformen ein Überzug Abhilfe schaffen kann. Wichtig für eine reibungsfreie Applikation jedoch ist, dass die Medizin dem Kind einigermaßen schmeckt und gut riecht. Gerade kleine Kinder reagieren sehr empfindlich und verweigern nicht selten die Einnahme. Achtung: Hat das Kind einen Teil der vorgesehenen Menge geschluckt und spuckt etwas wieder aus, darf nicht noch einmal die volle Dosis verabreicht werden.
Eine Maßnahme gegen unangenehmen Geschmack ist die Applikation mithilfe einer Dosierspritze. Um einen Würgereiz zu vermeiden, spritzen die Eltern den Saft am besten mit der Dosierhilfe in die Wangentasche hinter die Backenzähne. Für ganz kleine Patienten kann man die Dosierspritze auch in das Ende eines Saugers eines Fläschchens stecken; das löst den Saugreflex aus. Diese Möglichkeit bieten etwa die drei ersten PUMA-Zulassungen Buccolam®, Hemangiol® und Sialanar®. Bei allen dreien handelt es sich um oromukosale Lösungen, denen eine Dosierspritze beiliegt.
Liegt dem Präparat keine Dosierspritze bei, können PTA oder Apotheker eine Einmalspritze mitgeben. Für Säuglinge gibt es außerdem verschiedene Medikamentenschnuller (wie Numimed® Frank Medikamentensauger), die sich mit der Flüssigarznei befüllen lassen. Dosierspritzen ermöglichen die präzise Abmessung eines bestimmten Volumens unabhängig von der Konsistenz des Saftes, sogar bei hochviskosen Suspensionen. Genau das macht die exakte Dosierung mithilfe von Dosierbechern und –löffeln so schwer - wobei sich mit dem Messbecher noch besser dosieren lässt als mit dem Löffel.