| Caroline Wendt |
| 31.10.2025 16:00 Uhr |
Einen besonderen Stellenwert in der Medikation älterer Menschen nehmen die sogenannten fall risk increasing drugs (FRIDs) ein – also Arzneimittel, die die Sturzgefahr erhöhen. »Dazu gehören beispielsweise Medikamente, die antiarrhythmisch wirken«, so die Expertin. Diese senken die Herzfrequenz und verringern zusätzlich die Kontraktionskraft des Herzens (negativ inotrop). »Während das bei einem jüngeren Menschen nur dazu führen würde, dass er vielleicht seine Straßenbahn verpasst, weil er nicht mehr so gut sprinten kann, kann einem älteren Patienten bereits beim normalen Aufstehen von einem Stuhl schwindelig werden«, beschreibt Laurentius das Problem.
Potenziell inadäquate Medikamente (PIM) für ältere Menschen sind in der PRISCUS-Liste aufgeführt. Sie wurde entwickelt, um ungeeignete Arzneimittel zu identifizieren und das Risiko für Nebenwirkungen wie Stürze, Verwirrtheit oder Kreislaufprobleme zu verringern.
Die FORTA-Liste (Fit fOR The Aged) geht noch einen Schritt weiter: Sie bewertet Medikamente nicht nur nach ihrem Risiko, sondern auch nach ihrem Nutzen und unterstützt so gezielt die Auswahl sinnvoller Arzneimittelalternativen für ältere, oft multimorbide Patienten.
Zu den FRIDs gehören klassischerweise auch Schlaf- und Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine oder Z-Substanzen. »Diese Medikamente wirken muskelrelaxierend – das ist besonders dann problematisch, wenn die Patienten nachts auf Toilette müssen«, berichtet Laurentius. Selbst eine minimale Dosis reiche aus, um die Sturzgefahr zu erhöhen. Darüber hinaus würden die Substanzen die physiologischen Schlafphasen beeinflussen. Das Ergebnis: die Patienten sind am folgenden Tag nicht erholt und verspüren einen Überhang (Hangover). Zudem führen der Ärztin zufolge Benzodiazipine und Z-Substanzen schon nach wenigen Tagen und auch in niedriger Dosis zu Abhängigkeit.
Besonders kompliziert wird es, wenn Patienten mehrere Medikamente einnehmen. Neben der Wirkverstärkung oder -abschwächung können durch unpassende Medikamente auch sogenannte Verschreibungskaskaden in Gang gesetzt werden. Dabei werden Unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Medikamenten fehlgedeutet und als eigenständiger, therapiebedürftiger Zustand betrachtet, erklärt Laurentius. Beispiel Amlodipin: »Der Calciumkanalblocker, der gerne bei Bluthochdruck verordnet wird, kann im Alter isolierte Unterschenkelödeme verursachen«, berichtet die Ärztin. Die richtige Herangehensweise sei der Wechsel zu einem anderen Blutdruckmedikament – beispielsweise Lercanidipin – und nicht die zusätzliche Verordnung eines Diuretikums. »Hier heißt es mitdenken und die Historie der Medikamente im Blick behalten«, betont die Laurentius.