Auf der Suche nach Covid-19-Medikamenten |
Sven Siebenand |
14.12.2020 12:30 Uhr |
Schnell nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie kam die Idee der Passivimmunisierung mit Antikörpern aus dem Blut von Personen auf, die die SARS-CoV-2-Infektion (oder andere Coronavirus-Infektionen wie SARS und MERS) bereits durchgemacht haben. Dabei erhalten die Patienten eine Blutplasmaspende als Infusion. Andere Unternehmen gewinnen aus einer Plasmaspende zunächst die Antikörper und stellen danach ein Hyperimmunglobulin zur Infusion her.
Eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens ist es, geeignete Antikörper auszuwählen und diese dann biotechnologisch in großem Maßstab in Zellkulturen herzustellen. Auch der experimentelle Antikörper-Cocktail, den Donald Trump nach seiner Covid-19-Erkrankung im Rahmen eines Härtefallprogramms erhalten hat, ist hier einzuordnen. Das Prüfpräparat REGN-COV2 ist eine Kombination aus zwei Antikörpern, REGN10933 und REGN10987. Sie binden nicht-kompetitiv an die Rezeptorbindungsdomäne des Spike-Proteins von SARS-CoV-2.
Forscher erhoffen sich ferner von künstlich hergestellten Antikörpern beziehungsweise Antikörpern tierischen Ursprung einen Nutzen. Beispielsweise wird schon seit längerer Zeit an speziellen Antikörpern von Lamas geforscht, die möglicherweise eine »tierische Hilfe« gegen SARS-CoV-2 darstellen könnten.
Wenig überraschend finden sich unter den Arzneistoffkandidaten zur Behandlung von Covid-19 auch einige Medikamente, die für die Therapie von Lungenerkrankungen entwickelt wurden und werden. Ein Beispiel dafür ist Ifenprodil. Das Medikament wirkt als Inhibitor am NMDA-Rezeptor. Daraus leitete man zunächst einen Nutzen bei neurologischen Erkrankungen ab. Seit einiger Zeit wird es bei idiopathischer Lungenfibrose entwickelt und nun auch klinisch bei Covid-19-Patienten getestet.
Ein anderes Beispiel ist das synthetische Peptid Solnatide, das in einem Härtefallprogramm bei Covid-19-Patienten in Österreich bereits eingesetzt werden darf. Genauer gesagt: zur Behandlung von SARS-CoV-2-induzierter akuter Lungenfunktionsstörung bei mechanisch beatmeten Covid-19-Patienten. Solnatide wird direkt in Form eines flüssigen Aerosols in die unteren Atemwege eingebracht. Es soll Ausmaß von alveolären Ödemen reduzieren und deren Auflösung beschleunigen.
Lunge zum Dritten: Seit Jahren ist bekannt, dass die inhalative Gabe von Stickstoffmonoxid (NO) das Überleben beim akuten Lungenversagen verbessern kann. Das Gas soll in der Lunge als Vasodilatator wirken und damit die Muskelzellen der Lungengefäße relaxieren.
Dass es gelingt, gut wirksame - und auch sichere - Covid-19-Medikamente zu entwickeln, ist sehr wahrscheinlich. Wann das sein wird, kann niemand genau sagen. Ein ganz schnelles Allheilmittel wird es leider nicht geben. Sehr erfreulich ist aber, dass sich viele Firmen zusammen an die Arbeit gemacht haben und die Forscher weltweit kooperieren. Das verkürzt sicher die Dauer der Entwicklung.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.