Brandherde im Darm |
Ziel der CED-Therapie ist es, Entzündungen zu reduzieren und in der Remission auf Steroide verzichten zu können. Eine kausale Pharmakotherapie gibt es derzeit nicht. Eine tatsächliche Heilung ist allerdings bei CU möglich, wenn Patienten der Dickdarm vollständig entfernt wird (Proktokolektomie). Chirurgische Interventionen bei MC sind bei Komplikationen wie Perforationen, Stenosen, Abszessen oder symptomatischen Fisteln indiziert.
Die medikamentöse Behandlung erfolgt sowohl mit topisch als auch systemisch wirkenden Arzneimitteln. Klassiker sind 5-Aminosalicylate (5-ASA wie Mesalazin, Olsalazin, Sulfasalazin), Glucocorticoide (Budesonid, Prednison, Prednisolon) und Immunsuppressiva (Azathioprin, Methotrexat, Ciclosporin, 6-Mercaptopurin, Tacrolimus). Als moderne Therapeutika stehen bei mittelschwerer bis schwerer Krankheitsaktivität der oral einzunehmende JAK-Inhibitor Tofacitinib sowie zahlreiche Biologika zur Verfügung. TNF-alpha-Inhibitoren (Infliximab, Adalimumab, Golimumab), der Integrin-Inhibitor Vedolizumab und der Interleukin-(IL-12- und IL-23-)Inhibitor Ustekinumab zeigen gute Ansprechraten und wirken remissionserhaltend.
Die Wahl der Medikamente richtet sich nach dem Verlauf der Erkrankung und der Entzündungsaktivität. Ärzte können nach der Top-down-Strategie oder dem Step-up-Konzept vorgehen. Die verwendeten Arzneimittel sind bei beiden Modellen die gleichen, die Patienten erhalten sie nur in einer anderen Reihenfolge. Bei der Top-down-Strategie setzen Ärzte gleich zu Beginn die wirksamsten Medikamente ein. Wenn nach dem Step-up-Konzept vorgegangen wird, erhalten Patienten zunächst die schwächer wirksamen Medikamente und stärkere erst, wenn sich die Symptome verschlechtern.
Der Nachteil der Step-up-Strategie ist, dass die schwächer wirksamen Medikamente die Entzündungsaktivität möglicherweise nicht schnell genug eindämmen, um weitere Schäden zu verhindern. Es können Komplikationen entstehen, die operiert werden müssen. Die Top-down-Methode kann helfen, schneller in die Remission zu gelangen. Patienten laufen jedoch Gefahr, stärkere Medikamente mit mehr Nebenwirkungen einzunehmen, als sie eigentlich benötigt hätten. Biologika sind zudem teurer als andere Medikamente und ein zu breiter Einsatz ist unwirtschaftlich.
Die meisten Betroffenen werden daher nach dem Step-up-Konzept behandelt. Sie erhalten als Basistherapie Aminosalicylate. Die Substanzen wirken rezidiv-prophylaktisch, sind gut verträglich und haben einen Darmkrebs-protektiven Effekt. Der Applikationsweg richtet sich nach dem Befallsmuster der Krankheit. Einige Patienten brauchen die Medikamente in oraler Form, andere sind mit topischen Formen wie Klysmen, Suppositorien oder Schäumen besser therapiert.
Wenn sich durch Aminosalicylate die Entzündungsaktivität nicht ausreichend kontrollieren lässt, kommen Steroide wie Budesonid zum Einsatz. Auf Glucocorticoide sprechen Patienten in der Regel sehr gut an. Sie wirken schnell und im Falle von Budesonid auch lokal. Die Kurz- und Langzeit-Nebenwirkungen lassen die Arzneimittel jedoch als Mittel für die Remissionserhaltung ausscheiden. Glucocorticoide sollten daher vor allem als Schubtherapie bei Exazerbationen zum Einsatz kommen. Bei schweren Verläufen oder wenn trotz intensiver Steroidtherapie über längere Zeit keine Remission erreicht wird, können Ärzte Immunsuppressiva wie Azathioprin einsetzen. Zu beachten sind der langsame Wirkeintritt (zwei bis drei Monate), die erhöhte Anfälligkeit für Infektionen unter Therapie und mitunter schwerwiegende Nebenwirkungen.
Bei der Wahl der Medikation ist zu bedenken, dass nicht alle CED-Betroffene auf jeden Wirkstoff ansprechen. Ein »One-fits-all«-Konzept gibt es nicht. Vielmehr stimmt der Arzt die Behandlung mit dem Patienten ab, wobei Krankheitsaktivität, Befallsmuster, extraintestinale Manifestationen, Alter, Komorbiditäten, Ernährungszustand und potenzielle Nebenwirkungen beachtet werden.
Bei Kindern und Jugendlichen ist die exklusive, enterale Ernährungstherapie (EET) Induktionstherapie der ersten Wahl. Bei der EET bekommen Kinder über einen Zeitraum von meist sechs bis acht Wochen ausschließlich eine spezielle Flüssignahrung. Diese Behandlung hat sich als mindestens so erfolgreich erwiesen wie die Gabe von Glucocorticoiden und ist weitaus nebenwirkungsärmer. Ein weiterer Vorteil ist, dass die EET mögliche Defizite an Makro- und Mikronährstoffen ausgleichen kann. Ein Nachteil ist allerdings, dass es für die jungen Patienten herausfordernd sein kann, wochenlang nur Trinknahrung zu sich zu nehmen.
Das Darmmikrobiom kann beeinflussen, ob Patienten auf eine Therapie mit Biologicals ansprechen oder nicht. Das wurde unter anderem am Beispiel der TNF-alpha-Inhibitoren gezeigt. Bei Respondern waren vor Therapiebeginn die Dysbiose-Indizes niedriger als bei Non-Respondern. Zudem wiesen Patienten, die auf die Therapie ansprachen, häufiger das Butyrat-produzierende Bakterium Faecalibacterium prausnitzii auf als Menschen, bei denen die Behandlung weniger erfolgreich verlief. Die Häufigkeit von F. prausnitzii nahm während der Induktionstherapie bei Respondern zu.
In den Fokus geraten auch die Stoffwechselprodukte von Bakterien. Mikrobielle Metabolite können als Signalmoleküle Immunantworten modulieren oder direkt pro- oder antiinflammatorisch wirken. 2019 konnten Wissenschaftler in einer Studie anhand von Stuhlproben vorhersagen, welche Patienten nach einer Anti-TNF-Therapie eine klinische Remission erreichten. Entscheidend dafür waren die Konzentrationen von Butyrat und an der Butyratsynthese beteiligten Substraten im Stuhl.
Sekundäre Gallensäuren, weitere Metabolite von Darmbakterien, können ebenfalls mit dem Erreichen der Remission unter einer Biological-Therapie assoziiert sein. Möglicherweise ist es zukünftig möglich, durch die gezielte Gabe von Probiotika oder ihren Metaboliten die Wirkung von einigen Arzneimitteln zu optimieren.