Diabetes bei Kindern |
Isabel Weinert |
30.08.2024 14:30 Uhr |
Doch wie bemerken Eltern überhaupt, dass ihr Kind an Typ-1-Diabetes erkrankt ist? Die Symptome zu kennen ist für alle Eltern sehr wichtig und PTA können dabei helfen. Diese Symptome zeigen Typ-1-Diabetes bei Kindern/Babys an:
Der Durst, den Typ-1-Diabetiker als Symptom ihrer Erkrankung vor Diagnosestellung haben, ist grenzenlos. / Foto: Adobe Stock/Andrej Schurawlew
Bemerken Eltern eines oder mehrere dieser Anzeichen, sollten sie rasch einen Kinderarzt aufsuchen und auch PTA sollten dazu raten, wenn sie derlei Berichte von Eltern hören. Denn ein Typ-1-Diabetes geht nicht von alleine weg. Er wird auch nicht besser, sondern mit jedem Tag ohne Therapie schlimmer. Wegen des Insulinmangels steigt der Blutzucker immer höher, eine Ketoazidose entwickelt sich und kann tödlich enden, zumindest aber mit einer schweren Bewusstlosigkeit. Kinder in diesem Zustand sind Notfälle und müssen unverzüglich in ein Krankenhaus. Seit Jahren liegt die Rate von potenziell lebensgefährlichen Ketoazidosen bei Manifestation eines Typ-1-Diabetes auf einem hohen Niveau, schreiben die Autoren der AWMF-Leitlinie »Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter«.
Um Eltern, Babys und Kindern solch eine Entwicklung zu ersparen, setzt Professor Dr. med. Annette-Gabriele Ziegler vom Helmholtz-Zentrum in München seit Jahrzehnten ihre Forschung daran, schon ganz früh herauszufinden, welches Kind ein hohes Risiko für einen Typ-1-Diabetes hat. Ihr Ziel ist es, mit Typ-1-Diabetes-Screenings und Präventionsstudien eine frühe Diagnose schon vor klinischem Ausbruch der Krankheit zu ermöglichen. Auf diese Weise lässt sich auch rechtzeitig behandeln.
Laut Ziegler beginnt der Autoimmunprozess in den ersten beiden Lebensjahren. »Darum ist ein frühes Screening im Vorschulalter und die Möglichkeit, ein erhöhtes Risiko für Typ-1-Diabetes bereits bei der Geburt zu entdecken, sehr wichtig«, so die Wissenschaftlerin in einem Interview mit dem Helmholtz-Zentrum München. In Screenings wird im Blut von Kindern gezielt nach Autoimmunität gesucht. Mit Typ-1-Diabetes assoziierte Autoantikörper lassen sich meist bereits zwischen dem neunten und 24. Lebensmonat eines Kindes finden.
Viele Situationen im Leben von Kindern mit Typ-1-Diabetes brauchen genaue Regeln und Absprachen mit anderen Eltern, Verwandten und Erziehenden. / Foto: Adobe Stock/sborisov
Bricht die Krankheit klinisch aus, dann finden sich meist mehrere verschiedene Autoantikörper, wie ICA, GAD, IA-2, ZnT8. Zeigt sich ein Diabetes bei einem Kind, ohne dass sich Autoantikörper nachweisen lassen, oder aber nur mit Nachweis eines Autoantikörpers, dann sollte das immer Anlass sein, weiter zu untersuchen, denn dann handelt es sich um eine andere Diabetesform. Bislang hilft die Untersuchung von Risikokindern auf Autoantikörper vor Ausbruch der Krankheit nicht, letzteren zu verhindern. Es ließ sich also noch kein Medikament entwickeln, dass das vermag. Allerdings gelingt es mit Teplizumab, das 2022 in den USA für diesen Zweck eine Zulassung bekam, den Beginn des Ausbruchs um etwa drei Jahre hinauszuzögern. Zudem werden unter dieser Therapie nicht alle Inselzellen zerstört.
Der monoklonale Antikörper Teplizumab, eine Art Biologikum, dämmt die Aktivität der T-Lymphozyten ein, die den Oberflächenmarker CD3 tragen. Auf diese Weise werden auch autoreaktive T-Zellen unterdrückt, die Inselzellen attackieren. Der Wirkstoff unterdrückt dabei nicht etwa die körpereigene Abwehr, sondern reguliert sie. Screenings auf Typ-1-Diabetes bei Kindern gehören in Deutschland (noch) nicht zur Regelversorgung. PTA können besorgten Eltern raten, ihren Kinderarzt nach einer entsprechenden Untersuchung zu fragen.
Warum Menschen und vor allem Kinder an Typ-1-Diabetes erkranken, das ist immer noch nicht zu 100 Prozent klar. Aber es gibt einige Erkenntnisse. So erhöhen laut Professor Dr. med. Annette-Gabriele Ziegler wiederholte frühkindliche Atemwegsinfektionen und Entzündungen das Risiko für die sogenannte Inselzellautoimmunität. Und schon vor Beginn dieser Autoimmunität steigt der Blutzucker leicht an. Das gebe einen Hinweis darauf, dass äußere Faktoren die Betazellen schädigten und veränderten und dass diese Veränderungen den Autoimmunprozess triggerten, so Ziegler.
Virusinfektionen als einen möglichen von außen kommenden Auslöser für autoimmune Prozesse stehen besonders im Fokus der Wissenschaftler. Ein Beispiel dafür ist auch die Coronapandemie. Hier beobachtete man, dass bei Kindern mit einem hohen Risiko für Typ-1-Diabetes eine Coronainfektion die Wahrscheinlichkeit für Autoantikörper gegen Inselzellen verdoppelte. Die Gefahr für einen autoimmunen Prozess lag gar circa fünfmal höher, wenn Kinder in sehr jungem Alter eine Coronainfektion durchmachten. Die überwiegende Mehrheit der Patienten (etwa 85 bis 90 Prozent) hat bei Diagnose des Typ-1-Diabetes keinen betroffenen Verwandten ersten Grades.