Fasten ist mehr als nur Weglassen |
Fasten setzt an vielen Stellen im Körper an. Bekommt der Organismus kein Essen zugeführt, zieht er zunächst die gespeicherten Kohlenhydrate, die in Form von Glykogen in der Leber und den Muskeln lagern, als Energiequelle heran. Diese Reserven reichen etwa für einen Tag. Danach baut der Körper ebenso Eiweiße ab, um daraus in einem komplizierten Prozess Zucker herzustellen. Parallel steigt er aber vor allem auf die Nutzung von Fett zur Energiegewinnung um. Fettsäuren können zu Ketonkörpern umgewandelt werden, die verschiedene Zellen als Treibstoff verwenden. Dafür wird überschüssiges Bauchfett, sogenanntes viszerales Fett, abgebaut. Das ist besonders günstig, weil diese Fettdepots Botenstoffe produzieren, die mit Stoffwechselstörungen wie Diabetes, mit Entzündungen sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden sein können.
Ketonkörper haben in Maßen viele weitere Vorteile, vor allem für das Gehirn, erkrankte Nervenzellen und vermutlich auch bei Krebserkrankungen für die gesunden Zellen. Da ohne Nahrungszufuhr weniger Glucose zur Verfügung steht, sinkt auch der Insulinspiegel im Blut. Ein ständig hoher Insulinspiegel hemmt unter anderem den Fettabbau, macht hungrig und die Körperzellen reagieren nicht mehr so gut auf das Hormon. Durch Essenspausen werden die Zellen wieder empfindlicher für Insulin.
Neben der Stoffwechselumstellung löst der zeitweilige Nahrungsverzicht aber auch auf molekularer Ebene eine ganze Reihe von biochemischen Reaktionen aus. Beispielsweise werden spezielle Reinigungsmechanismen angeregt: sozusagen die Müllabfuhr und das Recyclingsystem der Zellen. Diese sogenannte Autophagie startet bereits nach einer Nahrungspause ab 14 bis 18 Stunden. Das Selbstverdauungsprogramm der Zellen baut unbrauchbare und störende Bestandteile wie fehlgeformte Proteine und funktionsunfähige Mitochondrien ab. Die so gewonnenen Rohstoffe können anschließend zum Aufbau neuer Zellstrukturen oder zur Energiegewinnung genutzt werden. Seit vielen Jahrzehnten wird die Autophagie erforscht, unter anderem von dem japanischen Molekularbiologen Yoshinori Ohsumi. Im Oktober 2016 erhielt er für seine Arbeit den Nobelpreis für Medizin.