Fieber richtig einschätzen |
Juliane Brüggen |
24.01.2025 15:00 Uhr |
Fieber ist definiert durch die gemessene Körperkerntemperatur. Bei Kindern wird oft folgende Einteilung verwendet, die sich auf die rektale Messung bezieht:
Bei Erwachsenen gelten Werte ab 38,2 °C als Fieber. Ältere Menschen reagieren seltener mit Fieber auf Infektionen. Oftmals treten lediglich unspezifische Symptome auf, Betroffene können außerdem verwirrt erscheinen.
»Die Messung im Po ist immer noch die genaueste und nach wie vor der Goldstandard«, berichtet der Kinderarzt Martin, vor allem bei Babys. »Eine genaue Messung ist bei den bei den ganz jungen Kindern, vor allem unter drei Monaten, wichtig, weil die Höhe der Temperatur mit der Gefährlichkeit der Erkrankung, also des Infektes, zusammenhängt.« Mit steigendem Alter nehme dieser Zusammenhang jedoch ab.
Die rektale Messung ist allerdings auch die unangenehmste Methode. Um sie zu erleichtern, wird die Spitze des Thermometers vor Einführen in den After mit einer fetthaltigen Creme bestrichen. Es reicht, nur die Spitze – etwa 1 bis 2 cm – einzuführen. Babys werden dazu auf den Rücken oder die Seite gelegt und die Beine angewinkelt.
Die Temperatur im Ohr zu messen, ist für das Kind angenehmer als die rektale Messung – Kinderärzte empfehlen Ohrthermometer jedoch erst ab zwei bis drei Jahren. / © Getty Images/Eric Audras
Andere Messmethoden liefern in der Regel leicht niedrigere Werte als die rektale Messung, das heißt die Körperkerntemperatur wird eher unterschätzt. Hier ist die Gebrauchsanweisung des jeweiligen Thermometers zu beachten. Die Messung im Ohr kommt laut Martin ab einem Alter von zwei bis drei Jahren infrage. »Das empfehlen wir auch eher als die Messung im Mund oder in der Achselhöhle, weil diese Methoden ungenauer und fehleranfälliger sind.« Damit der Infrarotsensor die Wärme am Trommelfell messen kann, wird das Ohr etwas nach hinten und oben gezogen. »Am besten misst man in beiden Ohren und nimmt den höheren Wert«, empfiehlt Martin. Bei einer Mittelohrentzündung ist die Methode nicht geeignet. Auch bei Stirn- und Schläfenthermometern sei die Qualität mittlerweile gut, hier fehlten aber noch Langzeiterfahrungen.
Die Messung im Mund eignet sich erst ab einem Alter von etwa fünf Jahren. Die Thermometerspitze wird seitlich hinten unter der Zunge platziert, der Mund daraufhin fest verschlossen und die Zunge ruhig gehalten (nicht auf das Thermometer beißen). Der vorherige Verzehr von heißen oder kalten Speisen oder Getränken verfälscht das Ergebnis. Bei behinderter Nasenatmung ist die Methode nicht geeignet. Auch die Messung in der Achselhöhle ist nur für ältere Kinder geeignet. Die Messwerte können allerdings leicht verfälscht werden, zum Beispiel bei Bewegung, Verrutschen des Thermometers oder einer zu kurzen Messdauer. Die gemessene Temperatur liegt im Durschnitt etwa 0,5 °C niedriger als der rektale Messwert.
Wie oft sollte überhaupt gemessen werden? Das sehen Ärztinnen und Ärzte laut Martin ganz unterschiedlich. »Meine Einschätzung ist, dass es interessant ist, dreimal am Tag zu messen, zumal eine hohe Temperatur am frühen Morgen ein Warnzeichen ist«, so der Pädiater. »Es ist eher selten, dass man zwischen 5 und 7 Uhr morgens Temperaturen über 39 °C hat.« Er rät außerdem, nicht nur auf die Zahlen zu achten, sondern sich einen Gesamteindruck des Kindes zu verschaffen, etwa Stirn und Nacken sowie Hände und Füße zu fühlen. Wenn letztere kalt sind, sei das Kind entweder im Stress oder noch im Temperaturanstieg. Ein schlafendes Kind sollten Eltern möglichst nicht nur zum Fiebermessen aufwecken. »Wenn es dem Kind ganz schlecht geht, schläft es auch nicht mehr«, sagt der Experte.
Eine Hilfe, sowohl für Eltern als auch für Fachpersonal, ist die von Professor David Martin in Zusammenarbeit mit dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen entwickelte »FeverApp«, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Sie enthält eine Infothek zum Thema Fieber und kann zur Dokumentation und Einschätzung von Fieber verwendet werden. Sie ist in 14 Sprachen erhältlich. »Ziel ist, dass möglichst viele Kinder zu Hause bleiben, wenn sie zu Hause bleiben können, und Eltern dann zur Ärztin/zum Arzt oder zur Apothekerin/zum Apotheker gehen, wenn sie wirklich einen Bedarf danach haben«, sagt Martin.