Fixiert auf Nahrung und Figur |
Etwa 30 bis 50 von 1000 Menschen leiden an einer Essstörung. Meist sind Mädchen und Frauen betroffen, doch auch Jungen und Männer können erkranken. Magersucht ist die Erkrankung, die am frühesten auftritt, nämlich meist bei 15- bis 19-Jährigen.
Auch junge Männer können von Essstörungen betroffen sein. / Foto: Adobe Stock/estradaanton
Doch es erkranken auch schon Zehnjährige und junge Frauen. Das typische Erkrankungsalter für Bulimie liegt etwas später als bei Magersucht. Die meisten Betroffenen sind zwischen 16 und 19 Lebensjahr alt. Doch auch im Alter von 20 bis 29 Jahren bleibt die Gefahr hoch, erstmals an Bulimie zu erkranken. Eine Binge-Eating-Störung tritt meist um das 20. Lebensjahr herum zum ersten Mal auf. Eine zweite Häufung findet sich im Alter zwischen 45 und 54 Jahren.
Betroffenen fällt es oft sehr schwer, sich die Erkrankung einzugestehen. Der nächste schwere Schritt ist dann, tatsächlich eine Behandlung zu beginnen. Ohne Therapie haben Betroffene kaum eine Chance, die Störung zu überwinden. Um die Hürde so klein wie möglich zu halten, gibt es die Möglichkeit, sich auch online oder telefonisch (anonym) beraten zu lassen. Genauso wie bei örtlichen Beratungsstellen für Essstörungen helfen hier Fachleute, die individuelle Situation einzuschätzen und gegebenenfalls eine geeignete Therapieform zu finden. Auch Eltern, Angehörige und Freunde können diese Beratungsmöglichkeiten nutzen, wenn sie sich um jemanden sorgen und nicht wissen, wie sie dem Betroffenen helfen können.
Wenn normalgewichtige Kunden in der Apotheke nach Appetitzüglern oder nach entwässernden Präparaten fragen, sollten PTA und Apotheker aufmerksam sein, ganz besonders, wenn Jugendliche oder junge Erwachsene den Wunsch äußern. Auch beim wiederholten Kauf von Abführmitteln könnten sie skeptisch werden – auch wenn es hier nicht immer um Gewichtsreduktion geht.
Wie können PTA und Apotheker reagieren, wenn sie den Verdacht haben, dass eine Essstörung der Grund für den Kauf der Präparate sein könnte? Es ist sicher kein leichter Gesprächsbeginn und braucht viel Einfühlungsvermögen. PTA und Apotheker könnten zum Beispiel direkt fragen, ob die Präparate eventuell zur Gewichtsreduktion dienen sollen. Möglicherweise »rutscht« dem Betroffenen dann heraus, dass er sich zu dick fühlt.
Man könnte fragen, ob er sich viel mit seinem Körpergewicht und dem, was er isst, beschäftigt. Wenn der Kunde dies bejaht, könnten PTA oder Apotheker die Vermutung äußern, dass er an einer Essstörung leiden könnte, und ihm raten, sich dazu einmal näher zu informieren. Ein Zettel mit einer empfehlenswerten Internetadresse reicht dann schon. Vielleicht passt dann auch der Hinweis, dass man sich online oder per Telefon anonym beraten lassen kann.
Die Therapie setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Im Mittelpunkt stehen psychotherapeutische Gespräche mit dem Therapeuten allein oder als Gruppentherapie mit anderen Betroffenen. Ergänzend hilft die Ernährungstherapie, um wieder neu essen zu lernen und das Körpergewicht zu normalisieren. Zudem helfen Bewegungs-, Atem- oder Entspannungstherapien, um eine Essstörung zu überwinden. Die Behandlung kann online, ambulant bei einem Psychotherapeuten, teilstationär in einer Tagesklinik oder stationär in einem Krankenhaus oder einer spezialisierten Klinik erfolgen. Eltern oder Partner können in die Therapie mit einbezogen werden. Was in einem konkreten Fall das Beste ist, hängt von der Erkrankungsschwere, den Angeboten am Wohnort und von der Situation des Erkrankten ab. Manchmal ist gerade kein Therapieplatz in einer spezialisierten Klinik frei, so dass einige Zeit zum Beispiel durch eine online-Behandlung oder eine Selbsthilfegruppe an der Beratungsstelle überbrückt werden muss. Wenn die Essstörung zu körperlichen Folgen geführt hat, ist neben der Psychotherapie auch die ärztliche Betreuung erforderlich.
Medikamente spielen in der Behandlung von Essstörungen eine untergeordnete Rolle. Sie kommen allenfalls ergänzend zur Psychotherapie zum Einsatz. Die Magersucht verordnen Ärzte manchmal Antipsychotika wie Olanzapin. Durch die psychomotorisch dämpfende Wirkung soll Spannungszustände, Bewegungsdrang und das Gedankenkreisen um Essen, Figur und Gewicht reduzieren. Antidepressiva werden eingesetzt, um begleitende depressive Störungen oder Zwangssymptome zu mildern.
Zur Behandlung der Bulimie ist in Deutschland nur das Antidepressivum Fluoxetin in Verbindung mit psychotherapeutischen Maßnahmen zugelassen. Darüber hinaus werden auch andere Antidepressiva oder das Antiepileptikum Topiramat bei Bulimie verordnet. Da diese jedoch keine Zulassung für die Erkrankung haben, erfolgt die Verordnung off-Label.