Frühgeburten verhindern bleibt Herausforderung |
09.09.2021 16:00 Uhr |
Doch warum kommt es zur Frühgeburt? Wie bei einem Mosaik wirken Faktoren der Mutter, des Kindes sowie der Plazenta zusammen. Sie umfassen psychosoziale Aspekte wie Stress oder fehlende soziale Sicherheit und Unterstützung genauso wie medizinische Gründe. »Drillinge kommen immer, Zwillinge in 70 Prozent als Frühgeburt zur Welt«, erklärt Albring. Die Liste weiterer Risikofaktoren reicht vom Alter der werdenden Mutter (<17 Jahre, >35 Jahre) über Eisenmangel, Schilddrüsenfunktionsstörungen bis hin zu Diabetes, Bluthochdruck, Rauchen oder Infekten. Auch Plazentastörungen, eine zu rasche Schwangerschaftsfolge oder Zervixinsuffizienz können ursächlich hinter einer Frühgeburt stecken. Nach einer Frühgeburt steigt übrigens auch das Risiko in der Folgeschwangerschaft.
Einige Umstände können jedoch günstig beeinflusst werden. Die Zigarette sollten nicht nur Schwangere selbst, sondern auch ihre Mitbewohner aufgeben. Da auch schwere Virusinfektionen der Mutter wie Covid-19 oder Influenza eine Gefahr darstellen, schützen Impfungen ebenfalls. Im Rahmen der Vorsorge gehört auch ein Screening auf Blutarmut und Schwangerschaftsdiabetes routinemäßig dazu. Zusätzlich kontrollieren Frauenärzte regelmäßig Blutdruck, Gewicht und Urin.
Bakterielle Infekte stecken hinter jeder vierten Frühgeburt. Sie können vorzeitige Wehen und einen vorzeitigen Blasensprung auslösen. »Besiedeln Keime die Vagina, können sie durch den Gebärmuttermund aufsteigen«, warnt Albring. Viele bakterielle Infekte verlaufen völlig symptomfrei. »Die Selbstmessung des Scheiden-pH ist sehr sinnvoll«, findet er. »Damit kann kontrolliert werden, ob der pH in der Vagina noch sauer genug ist, um krankmachende Keime zu hemmen.« Neben einem erhöhten Scheiden-pH deutet ein unangenehmer Geruch oder vermehrter Ausfluss auf eine bakterielle Vaginose hin. Obwohl einige freiverkäufliche Mittel für Schwangere geeignet sind, sollten sie Beschwerden nicht in Eigenregie behandeln, sondern ihren Arzt aufsuchen. Nur er kann beurteilen, ob Milchsäure- oder Lactobazillus-Präparate genügen oder eine Antibiose lokal oder systemisch nötig wird.
Wird der Bauch immer wieder hart, sind viele Frauen verunsichert. Dies seien jedoch harmlose Übungseinheiten der Gebärmutter, beruhigt der Experte. »Ob es sich um echte verfrühte Wehen handelt und ob auch der Muttermund schon aufgeht, wird während des Termins der Mutterschaftsvorsorge festgestellt.« Im Ultraschall kann der Arzt die Länge des Gebärmutterhalses sehr gut beurteilen.
Mediziner verstehen vorzeitige Wehen heute als »Syndrom«. Völlig unterschiedliche Mechanismen mit immunologischen oder hormonellen Botenstoffen und Signalwegen stören das feinabgestimmte Gleichgewicht im Körper und münden in dieser gemeinsamen Endstrecke. Infektionen können beispielsweise über Interleukine vorzeitige Wehen auslösen, Zwillinge hingegen durch die Überdehnung der Gebärmutter. Daher: Wehenhemmer (Tokolytika) bekämpfen kurzzeitig ein Symptom, beheben jedoch nicht die Ursache vorzeitiger Wehen.