Frühstarter und Spätzünder bei Babys |
Zu den unbestrittenen Meilensteinen des ersten Lebensjahres gehört der erste Zahn. Läutet er doch einen ganz neuen Entwicklungsabschnitt ein und signalisiert, dass sich der Säugling auf den Weg in Richtung feste Nahrung macht. Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Baby nun abgestillt werden muss. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Babys sechs Monate ausschließlich und bis zum zweiten Geburtstag oder darüber hinaus nach Bedarf zu stillen. Es kommt nur selten vor, dass Babys und Kleinkinder in die Brust beißen, da während des Trinkens die unteren Zähne von der Zunge bedeckt werden. Wenn sie beißen, dann am Ende der Stillmahlzeit, wenn nur noch genuckelt wird oder kurz vor dem Einschlafen. In diesen Fällen gilt es, das Kind rechtzeitig abzudocken.
Die Zahnleiste mit dem Finger massieren: Das bringt den zahnenden Kleinen Erleichterung. / Foto: Adobe Stock/natalialeb
Die eigentliche Zahnentwicklung beginnt schon lange bevor die ersten Zähne sichtbar werden. Zwischen der 6. und 8. Schwangerschaftswoche entsteht die Keimanlage der Zähne, die Zahnkronen sind zum Zeitpunkt der Geburt ausgebildet. Wann die ersten Zähne tatsächlich durchbrechen, ist individuell verschieden. So bekommen manche Babys schon mit wenigen Wochen ihren ersten Zahn, während andere bis zum Ende des ersten Lebensjahres zahnlos bleiben. Im Durchschnitt ist es mit sechs bis acht Monaten so weit.
Den Anfang macht fast immer einer der unteren beiden Schneidezähne. Danach folgen mit etwa 8 bis 12 Monaten die seitlichen Schneidezähne. Die übrigen Zähne zeigen sich meist erst im zweiten Lebensjahr. Mit durchschnittlich 12 bis 16 Monaten bekommen Kleinkinder die ersten Milchbackenzähne, zwischen dem 16. bis 20. Monat folgen die Eckzähne. Den Abschluss machen die zweiten Milchbackenzähne, die zwischen dem 20. und 30. Lebensmonat durchbrechen.
Wenn schließlich mit etwa zweieinhalb Jahren alle zwanzig Zähne des Milchzahngebisses da sind, liegen hinter vielen Babys und Eltern unruhige Zeiten. Beißen, Zahnfleischreiben, starkes Speicheln, erhöhte Erregbarkeit, häufiges Aufwachen, vermehrtes Saugen, Hautausschläge im Gesicht, wenig Appetit auf feste Nahrung und leichtes Fieber gehören zu den typischen Symptomen zahnender Babys wie eine Langzeitstudie der Cleveland Clinic, Florida, mit 125 zahnenden Kindern zeigte.
Dass Zahnen keine schweren Krankheitssymptome verursacht, konnte die Studie ebenfalls nachweisen. Die Auswertung der täglichen Symptomerhebung ergab, dass bei schwerwiegenderen Problemen wie Schlafstörungen, Durchfall, Nahrungsverweigerung, Erbrechen, Husten, Ausschlag oder Fieber kein ursächlicher Zusammenhang mit dem Zahnen besteht. Das Zusammentreffen von Beschwerden und Zahnen ist ein Zufall, der dadurch zu erklären ist, dass Kinder bis zu einem Alter von etwa drei Jahren zehn bis zwölf Infekte im Jahr durchmachen.
Der Irrglaube, dass das Zahnen Kinder schwächt, belastet und krank macht, hält sich dennoch bis heute. Viele Eltern wollen ihrem Baby das Zahnen erleichtern und greifen dabei auf Hilfsmittel zurück, die eindeutig in die Kategorie Aberglaube fallen. Dazu gehören Bernsteinketten, die in den meisten Fällen nur aus gefärbten Plastikkugeln bestehen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnt regelmäßig vor den Gefahren, die von diesen Ketten ausgehen können. »Bleibt das Kind hängen und löst sich die Kette nicht, so kann die Kette die Atemwege zuschnüren, das Kind würgen oder gar strangulieren. Durch das Nagen an der Kette gelangen von dort Keime in den Mund. Und bricht ein Stein, kann es zu Mundverletzungen und Infektionen kommen. Wenn eine kleine Perle oder ein Bruchstück davon in den Hals oder in die Atemwege des Kindes gelangt, kann dies ebenso zu lebensgefährlichen Erstickungsanfällen führen«, erklärt Dr. Hermann Josef Kahl, Bundespressesprecher des BVKJ in einer Pressmitteilung. Eltern sollten besser auf sichere und geprüfte Zahnungshilfen zurückgreifen, lautet der einschlägige Rat der Experten (siehe Kasten).