Gut informiert in die Wechseljahre |
Am Beispiel des mikronisierten Progesterons machte Stute die Vorteile sogenannter bioidentischer Hormone deutlich. Dabei macht man sich den Verstoffwechslungsweg der physiologisch vorkommenden Substanz zu Nutze. »Oral aufgenommenes Progesteron wird sowohl vom Darmmikrobiom als auch von Enzymen in der Darmwand und in der Leber zu Allopregnanolon verstoffwechselt. Dieser Metabolit bindet im Gehirn an GABA-Rezeptoren, was den müdemachenden Effekt auslöst. Dieser Metabolisierungsweg macht klar, warum mikronisiertes Progesteron so beliebt bei Schlafstörungen in den Wechseljahren ist«, so Stute. »Mit synthetischen Gelbkörperhormonen ist dieser Effekt nicht zu erzielen, weil sie nicht zu Allopregnanolon metabolisiert werden. Die schlaffördernde Wirkung funktioniert auch nicht über den vaginalen Applikationsweg, weil das vaginale Mikrobiom anders verstoffwechselt als das intestinale.«
Die Hormonersatztherapie läuft heute überwiegend mit bioidentischen Vertretern ab, also mit Hormonen, die im Vergleich zu ihrer physiologischen Vorkommensweise chemisch-synthetisch nicht abgewandelt wurden. Stute erzählte, dass die letzten kombinierten, equinen Präparate, die aus dem Harn trächtiger Stuten gewonnen wurden und eine Mischung aus Estron- und anderen Estrogensulfaten enthielten, längst vom Markt verschwunden sind. Was die Gelbkörperhormone betrifft, bediene man hauptsächlich mit mikronisiertem Progesteron den Bedarf. Dennoch gebe es einige wenige Indikationen, für die synthetische Gestagene zu bevorzugen sind – »etwa bei den Antiandrogenen für Haut und Haare und bei Blutungsstörungen, da die künstlichen Gestagene potenter an der Gebärmutterschleimhaut wirken«.
»Würde man die Hormongabe nach fünfeinhalb Jahren beenden, ginge auch der Benefit hinsichtlich der Knochengesundheit oder kardiovaskulärer Erkrankungen verloren. Diese Erkrankungsrisiken würden lediglich 5 Jahre nach hinten verschoben. Das Ende der Hormongabe ist deshalb im Einzelfall genau zu überlegen, um den Benefit mitzunehmen«, gibt Stute zu bedenken. Die S3-Leitlinie gibt diesbezüglich keine klare Regel vor.
Die Gynäkologin bevorzugt das langsame Ausschleichen: »Setzt man abrupt ab, liegt die Wahrscheinlichkeit für wiedereinsetzende Beschwerden bei 50:50. Schleicht man dagegen langsam aus, merkt man zumindest, auf welche Dosis man wieder zurückkommen muss, um die Symptome im Griff zu haben. Beim abrupten Absetzen müsste man immer wieder mit der Ausgangsdosis starten.« So manche Frau entscheide sich laut der Gynäkologin erst in einem Alter um 65 Jahren für ein Ende der Hormontherapie. »Die meisten verlegen das auf die Zeit, wenn die Rente näher rückt. Da besteht nicht mehr so viel Druck des frühen Aufstehens und des Berufsstress und frau kann sich besser auf ihren Körper konzentrieren und schauen, was passiert, wenn man die Dosis runterfährt.«