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Wegovy

Hype um Semaglutid bleibt

Seit einem Jahr ist Wegovy, ein Medikament zur Gewichtsreduktion, auf dem deutschen Markt. Trotz diverser Nebenwirkungen ist die Nachfrage groß. Das schafft Probleme – und inzwischen gibt es ernstzunehmende Konkurrenz.
AutorKontaktdpa
Datum 15.07.2024  14:00 Uhr

Dass um ein Medikament ein regelrechter Hype entsteht, ist selten. Doch mit dem Mittel Wegovy® ist es passiert: Menschen zeigen in sozialen Medien, wie sie mit damit abnehmen – und berichten von Nebenwirkungen. Was hat sich seit der Einführung vor einem Jahr getan? Ein Überblick:

Was ist Wegovy?

Wegovy ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das beim Abnehmen und Halten von Gewicht helfen soll, indem es den Appetit zügelt und das Sättigungsgefühl steigert. Für diese Nutzung können Ärztinnen und Ärzte das Mittel des dänischen Unternehmens Novo Nordisk seit Mitte Juli 2023 in Deutschland verschreiben. Patienten spritzen es sich mit einem Fertigpen, der einem Stift ähnelt, einmal pro Woche unter die Haut.

Der Wirkstoff Semaglutid wird schon seit längerem zur Behandlung von Typ-2-Diabetes genutzt – unter dem Handelsnamen Ozempic®. Wegovy enthält den Wirkstoff in höherer Dosierung und wurde für Menschen mit Adipositas, also Fettleibigkeit zugelassen, ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30. Auch Personen ab einem BMI von 27 sowie mindestens einer gewichtsbedingten Erkrankung können das Medikament laut Zulassung erhalten. Begleitet werden soll die Therapie von einer kalorienreduzierten Diät und einer erhöhten körperlichen Aktivität.

Wie wirkt Semaglutid?

Semaglutid imitiert die Wirkung des Darmhormons GLP-1 (Glucagon-like peptide-1). Dieses werde nach dem Essen aus dem Dünndarm freigesetzt, erläutert Matthias Laudes, Vizepräsident der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) und Direktor des Instituts für Diabetologie und klinische Stoffwechselforschung am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.

Das Hormon signalisiere der Bauchspeicheldrüse, Insulin zu produzieren. »Das ist die antidiabetische Wirkung«, sagt Laudes. Der zweite Effekt sei, dass dem Gehirn mitgeteilt werde, dass etwas gegessen wurde und es ein Sättigungsempfinden entwickeln könne. »Das ist die gewichtsregulierende Wirkung.«

Die dritte Wirkung sei, dass dem Magen signalisiert werde, dass noch genügend Essen im Dünndarm sei, die Magenentleerung also verzögert werde. Insbesondere diesen Effekt bemerkten Patienten als Nebenwirkung – nämlich Übelkeit. Das lege sich aber in der Regel, wenn die Leute sich daran gewöhnten, kleinere Portionen zu essen, sagt Laudes.

Welche weiteren Nebenwirkungen gibt es?

Neben Übelkeit komme es zu Beginn der Therapie häufig zu weiteren Magen-Darm-Beschwerden wie Erbrechen, Durchfall und Verstopfung, sagt Karsten Müssig von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE), Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Diabetologie am Franziskus-Hospital Harderberg. Daher werde mit einer niedrigen Dosis begonnen, die nach und nach gesteigert werde. Seltene Nebenwirkungen seien eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse und Darmverschluss. »Deshalb sollte die Behandlung nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen«, mahnt Müssig.

Eine jüngst in der Fachzeitschrift »Jama Ophthalmology« veröffentlichte Studie deutet darauf hin, dass Semaglutid in sehr seltenen Fällen mit einer schweren Augenerkrankung einhergehen könnte – der nicht-arteriitischen anterioren ischämischen Optikusneuropathie (NAION). Erwiesen sei dies zwar nicht, ernst nehmen müsse man es aber schon, sagt Horst Helbig von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und vom Universitätsklinikum Regensburg. Die Klärung dieser Frage bedürfe weiterer Untersuchungen und einer sorgfältigen Beobachtung von Patienten.

Berichte deuten auf ein weiteres Phänomen hin, bekannt unter dem Begriff »Ozempic Face«: Generell kann bei einer schnellen Gewichtsabnahme das Gesicht eingefallen und stark gealtert wirken.

Muss Semaglutid lebenslang genommen werden?

Adipositas sei ebenso wie Diabetes eine chronische Erkrankung, sagt Laudes, daher müsse das Medikament lebenslang genommen werden. »Bei einem Diabetesmedikament würde ja auch niemand sagen, das könne man nach sechs Monaten absetzen«, sagt Laudes. »Jeder adipöse Mensch hat sein Leben lang das Problem, dass er immer wieder zunehmen kann.« Das sehe man etwa auch nach Magenverkleinerungen.

Worauf müssen Patienten achten?

Eine Adipositas-Therapie sollte immer auch eine Änderung des Lebensstils enthalten, etwa im Sinne einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßiger körperlicher Bewegung, sagt der DGE-Experte Müssig. Die Kost sollte kalorienreduziert und ballaststoffreich sein und außerdem weniger gesättigte und mehr ungesättigte Fettsäuren enthalten – ähnlich wie bei der mediterranen Ernährung.

Was kostet Wegovy?

Der Preis der Adipositas-Therapie beläuft sich laut Müssig auf etwa 300 Euro monatlich. Patienten müssen die Kosten selbst tragen, denn das Medikament wird nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Beeinflusst Semaglutid die Fruchtbarkeit von Frauen?

Unter der Behandlung mit Semaglutid habe es bei Frauen, die längere Zeit einen unerfüllten Kinderwunsch hatten, Schwangerschaften gegeben, sagt Ulrich Knuth, Vorsitzender des Bundesverbands Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschland (BRZ). Valide Zahlen dazu gebe es allerdings nicht. Möglicherweise, so der Experte, spiele hier die Verringerung des Körpergewichts eine Rolle. Es sei bekannt, dass Adipositas die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft verringere.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit soll das Präparat nicht verwendet werden. Wer ein Kind bekommen wolle, sollte Semaglutid mit einem Vorlauf von mindestens zwei Monaten absetzen, schreibt die europäische Arzneimittelbehörde EMA.

Welches Fazit kann nach einem Jahr gezogen werden?

Das Diabetesmedikament Ozempic sei schon lange Zeit jenseits der eigentlichen Zulassung – also gegen Typ-2-Diabetes – zur Gewichtsreduktion eingesetzt worden, sagt Diabetologe Müssig. Die Einführung von Wegovy ging vor einem Jahr mit der Hoffnung einher, dass Ozempic nicht länger als Adipositas-Medikament eingesetzt wird und verstärkt den Diabetes-Patienten zur Verfügung steht. Zwar habe sich inzwischen die Verfügbarkeit von Ozempic gebessert, aber es gebe weiterhin Lieferengpässe. Adipositas-Experte Laudes sagt, auch bei Wegovy sei die Nachfrage größer als die Produktion.

Diese Situation erhöht das Risiko von Produktfälschungen – und die EMA warnt explizit vor dem Kauf solcher Präparate auf dem Schwarzmarkt. Zudem sollten die Präparate nur für die jeweiligen Zulassungen – Typ-2-Diabetes und Adipositas – zum Einsatz kommen.

Wenn nicht adipöse Menschen solche Medikamente lediglich dazu nutzten, um ihre Figur zu optimieren, verschlimmere dies die ohnehin bestehenden Engpässe.

Ist Novo Nordisc der einzige Anbieter einer »Abnehmspritze«?

Nein. Der US-Pharmakonzern Eli Lilly vertreibt inzwischen unter dem Namen Mounjaro® ein ähnliches Präparat mit dem Wirkstoff Tirzepatid, der ebenso wie Semaglutid ein GLP-1-Rezeptoragonist ist. Zudem ist die Substanz ein Agonist am Rezeptor von GIP (Glucose-dependent Insulinotropic Polypeptide), einem weiteren Inkretinhormon. Das Medikament ist seit Ende vergangenen Jahres in der EU zugelassen.

Gerade ergab eine Studie, dass sich damit deutlich eher ein starker Gewichtsverlust erreichen lässt als mit Semaglutid. Die Nebenwirkungsrisiken beider Substanzen seien vergleichbar, berichtet das Forschungsteam im Fachjournal »JAMA Internal Medicine«. Aussagen zu Langzeitfolgen sowie zum Erreichen wichtiger Ziele wie einem verringerten Risiko für Herzinfarkte ließen sich aus der Analyse aber nicht ableiten.

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